Die Woche auf dem Boulevard

Anja Rützels Kolumne: In der Dramengenerierungsmaschine

Taylor Swift bringt ihre Fans an nervliche Grenzen, und Heidi Klum will ihre Wettposings künftig geschlechtsoffen inszenieren: Das war die Woche auf dem Boulevard.

„I survived the Great War“: Taylor Swift.
„I survived the Great War“: Taylor Swift.George Walker/AP


Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Taylor Swift. Oder besser gesagt die Menschen im Umfeld der von mir durchaus sehr verehrten Künstlerin, die sich die Details für den Ticketvorverkauf ihrer „Era“-Tour im kommenden Jahr ausgedacht haben. Die Ätz-Kombination aus Lotteriesystem und künstlicher Preisaufblaserei brachte viele Fans vergangene Woche an ihre nervlichen Grenzen. Ich ärgerte mich vor allem über die überteuerten „VIP-Tickets“, für die man mehrere Hundert Euro zahlen musste, um dafür teilweise nur semigute Plätze und ein Sortiment an Taylor-Fankram zu bekommen, und die bizarre Verkomplizierung der Ticketkategorien – für das Konzert im Hamburger Volksparkstadion musste man aus elf verschiedenpreisigen Kartenstufen wählen: der blanke Horror für entscheidungsschwache Menschen wie mich. „I survived the Great War“, schrieben viele erschöpfte Ticketergatterer und entsprechende -innen danach in Anlehnung an einen Swift-Song auf Twitter. Für mich zog meine unverwüstliche Schwester in die Schlacht, die tatsächlich mit Glück zwei Tickets kaufen durfte.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

Heidi Klum ließ verkünden, dass in der nächsten Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ erstmals auch männliche Kandidaten teilnehmen dürfen. Wie fällt Ihre Prognose aus – wird das Format dadurch eventuell wieder einschaltenswert?

Ich habe leider meine Zweifel. Da ich mich selbst gern martere und keine Freunde habe, habe ich mir in der Vergangenheit in Sachen angeblicher Topmodelsuche ja nicht nur das deutsche Elend reingezogen, sondern auch die internationalen Variationen von „Austria’s Next Topmodel“ bis zur neuseeländischen Variante studiert – bei letzterer ging es übrigens meistens nahezu herzlich und fast emphatisch zu; das ginge theoretisch also auch. In Österreich jedenfalls gab es schon mehrere gemischte Staffeln. Das war beim Erstversuch tatsächlich ganz interessant, verkam aber schnell zu einer weiteren plumpen Dramengenerierungsmaschine – wer schmust mit wem, wen macht das wild, solche Dinge. Ich habe den unkigen Verdacht, dass die klumsche Interpretation des geschlechtsoffenen Wettposings ebenfalls in diese Richtung gehen wird, aber wir werden sehen. Denn natürlich schaue ich mir das an, siehe oben: keine Freunde, Neigung zum Selbsthass.

Es gibt Neuigkeiten in einer Rechtsstreitigkeit, deren Verlauf wir hier schon öfter besprochen haben: Das Gezerre um das ehemals gemeinsame Weingut von Brad Pitt und seiner früheren Frau Angelina Jolie geht in die nächste Runde.

Und ich liebe es natürlich, denn die Kabale im und um das Château Miraval gehören wirklich zu meinen favorisierten Promi-Kapriolen. Ich wünsche mir dringend eine Serienverfilmung. Jedenfalls hatte Angelina ja schon 2021 ihren Anteil des umkämpften Anwesens heimlich verkauft, und zwar an den russischen Oligarchen und Wodka-Magnaten Yuri Shefler, was besonders ulkig war, weil Brad Pitt zuvor Sheflers Kaufgesuche abgelehnt hatte. Vergangene Woche wurden nun Gerichtsdokumente veröffentlicht, die belegen, warum Brad seinen Mitbesitzer gerne wieder loswerden möchte: Der Russe soll ihn unter anderem als „Hollywood-Dilettanten“ bezeichnet haben, seinen Promi-Namen aber gleichzeitig für Werbezwecke verwenden. Vor Gericht will Pitt nachweisen, dass Angelina Jolie dieses Geschäft nur eingegangen ist, um ihm nach der Trennung „rachsüchtig“ noch einen mitzugeben. Auch Sheflers Anwälte legten vor Gericht gut nach und bekundeten, Pitt sei Schauspieler, nicht Winzer: „Er arbeitet mit Illusionen, nicht mit Dreck und Trauben.“

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Sie setzt gerade Herbstschuhtrends, wie ich einschlägigen Gazetten entnehme, und zwar mit Schnürboots in der Trendfarbe Weiß. Leider muss ich da wieder mal passen, weil dieser Ton schlecht mit meinen hundebegleiteten Matsch-und-Pfützen-Spaziergängen zusammengeht. Wenn Helene aber irgendwann glitzersteinbeklebte Fischer-Gummistiefel auf den Markt bringt, bin ich die Erste, die zugreift.

Die Fragen stellte Christian Seidl.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.