Nazi-Vergleiche

Nach Tweet zu Friedrich Merz: CDU-Politikerin Karin Prien macht sogar Jan Böhmermann sprachlos

Mit einem typischen Böhmermann-Spruch hatte sich der Moderator in der Debatte um Friedrich Merz zu Wort gemeldet. Die Folgen eines Wutausbruchs.

Jan Böhmermann – ohne Worte
Jan Böhmermann – ohne WorteJens Koch/ZDF

Das Prinzip Böhmermann basiert zu einem großen Teil auf Überproduktion. Das Textaufkommen einer gewöhnlichen Sendung des ZDF Magazins Royal übersteigt das – sagen wir: der heute-Nachrichten – bei weitem. Der in der Rolle eines Moderators agierende Jan Böhmermann adressiert die Zuschauer bloß zum Schein.

Hier geht es nicht um Ansprache, sondern ums Überfordern und Überrumpeln. Der Böhmermann-Sound setzt auf BPM – beats per minute. Witze verstehen war gestern, es kommt auf die Schlagzahl an.

Dabei ist er nicht an das eher antiquiert anmutende TV-Format gebunden, die Marke Böhmermann wird auch über die sozialen Medien vertrieben, bevorzugt über die inzwischen von Zerfallserscheinungen geplagte Plattform Twitter.

Ebendort setzte das Unternehmen B. unlängst einen Tweet ab, mit dem es in die Debatte um die rätselhafte Kommunikationsstrategie des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz eingriff. Keine große Sache eigentlich. In der handelsüblichen Böhmermann-Flapsigkeit war gepostet worden: „Keine Sorge, die Nazis mit Substanz wollen nach aktuellem Stand voraussichtlich nur auf kommunaler Ebene mit Nazis zusammenarbeiten.“ Anspielung, Augenzwinkern, Nazi-Vergleich – ein echter Böhmermann. Und weiter im Text.

Grenzverletzer Jan Böhmermann

Zur Fortsetzungsgeschichte wurde das eher flach verdrehte Friedrich-Merz-Zitat, der in seiner Bemerkung von der CDU als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ gesprochen hatte, durch einen kontrollierten Wutausbruch der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin Karin Prien (CDU).

Sie mochte nicht norddeutsch-kühl reagieren nach dem Motto: Gar nicht erst ignorieren. Böhmermanns Tweet nannte sie widerlich und unentschuldbar. „Schlimmer noch ist die Verharmlosung der Nazis und die schleichende ,Nazifizierung‘ von allem, was politisch nicht passt.“

Für einen kurzen Moment, so jedenfalls habe ich Priens Reaktion wahrgenommen, war hier das Prinzip systematischer Geschmack- und Respektlosigkeit an eine Grenze gestoßen. Der Grenzverletzer Böhmermann: sprachlos.

Die CDU-Politikerin Karin Prien hat sich anschließend geschickt aus der medialen Affäre zurückgezogen. Nach ihrem Tweet war sie für weitere Stellungnahmen nicht erreichbar. Jedes weitere Wort wäre eines zu viel gewesen. Der Rest sind ein paar biografische Angaben. Karin Priens Großeltern mütterlicherseits waren zu Beginn der 30er-Jahre vor den Nazis in die Niederlande geflohen, wo Prien 1965 auch geboren wurde. Sie ist Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU.