Man muss sich das mal vorstellen: Da gibt es Menschen, die kaum noch aufstehen können. Manche sitzen im Rollstuhl, andere kommen gar nicht mehr aus dem Bett.
Sie werden geplagt von starken Herzbeschwerden, komplizierten neurologischen Problemen, Brennen, Schmerzen und Muskelzuckungen, Taubheit von Fingern oder Zehen bis zur Lähmung. Viele von ihnen sind sehr verzweifelt. Aber anstatt ihnen zu helfen, wurde vielen von ihnen abgesprochen, dass sie überhaupt Beschwerden haben.
Manche können ihren Alltag nicht mehr ohne fremde Hilfe bewältigen, andere schaffen nur noch ein Drittel ihres vorherigen Tagespensums, weil ihr Energielevel immer wieder einbricht. Allen ist gemein, dass sie vorher gesund waren oder sich mehr oder weniger gesund fühlten und kurz vor Auftritt der Beschwerden geimpft wurden.
Überdurchschnittlich oft scheint dieses Phänomen bei jungen Frauen aufzutreten, und nein, nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen liegt das nicht daran, dass diese sich überdurchschnittlich oft auf Social Media vernetzen und ansonsten Langeweile haben.
Wer mit Impfgeschädigten spricht, der spricht mit Menschen, die dringend ihr altes Leben zurückhaben wollen, sei es, um ihre Kinder wieder versorgen oder wieder arbeiten zu können oder beides. Merkwürdigerweise spricht aber kaum jemand mit diesen Betroffenen.
Impfgeschädigte: von Ärzten meist abgewiesen
Seit Ende 2021, verstärkt seit Anfang 2022, hatten sich in Deutschland Impfgeschädigte zusammengetan, um auf ihr Schicksal und ihre Beschwerden hinzuweisen und um Hilfe zu bitten. In Brandbriefen an Redaktionen, Ärztevertreter und Politik bettelten sie geradezu um Aufmerksamkeit für das Thema.
Denn von Ärzten wurden sie meist abgewiesen, spätestens wenn einfache Blutuntersuchungen keine Ergebnisse brachten. Dass es für sie oft speziellere Tests braucht, etwa zu Autoantikörpern, wussten die meisten Mediziner lange nicht – manche haben bis heute kein Interesse, sich darum zu kümmern. Auch viele vor allem große Medien berichteten sehr lange nur mit vornehmster Zurückhaltung – erst in den letzten Wochen häuften sich die Berichte zu schwer Impfgeschädigten.
Warum dauert das alles so lange? Weil es kaum jemand hören wollte. In zu vielen Köpfen ist bis heute – drei Jahre nach Beginn der Pandemie und über zwei Jahre nach Beginn der Impfungen – das so lange bemühte Narrativ festgetackert: Es gebe keine oder zumindest so gut wie keine Nebenwirkungen der Impfungen gegen Corona. Deshalb ist es Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hoch anzurechnen, dass er wenigstens jetzt öffentlich verkündet hat, dass es sie eben doch gibt. Und dass sie sehr schwerwiegend sein können. Und dass es in Deutschland eine nicht zu vernachlässigende Patientengruppe gibt, die schwer darunter leidet.
Merkwürdig ist nur, dass er nun behauptet, das habe er schon immer gewusst und auch immer so gesagt, das Risiko liege bei 1:10.000. Abgesehen davon, dass er das eben nicht schon immer so gesagt hat, stattdessen gerne von einer nebenwirkungsfreien Impfung sprach: Wie ließ sich mit solchem Wissen je eine allgemeine Impfpflicht fordern und für den Gesundheitssektor auch durchsetzen?
Anstatt sich nun aber an Lauterbach festzubeißen und ständig dessen Rücktritt zu fordern, als sei dann alles wieder gut, muss der Minister – mit diesem Wissen – in die Verantwortung genommen werden: Die Betroffenen benötigen rasche und umfassende Hilfe. Nicht nur medizinisch, auch finanziell. So engagiert und umfassend, wie er sich vorher mit Riesenkampagnen für die Impfung eingesetzt hat, so eindringlich muss nun auch ein zumindest kleiner Teil der Wissenschaft das Phänomen Post Vac erforschen, müssen Ärzte für Impfgeschädigte sensibilisiert, müssen passende Reha-Maßnahmen eingeleitet werden, ähnlich wie bei Long Covid.
Denn es gibt die schwer Impfgeschädigten, und wie viele es sind, wird man erst dann erfahren, wenn ernsthafte Forschung dazu betrieben wird, wenn die Betroffenen ordentlich gezählt und ins wissenschaftliche Gesamtbild eingeordnet werden können. Inzwischen wird von 20.000 bis 50.000 schwer Impfgeschädigten berichtet, doch da es dazu kaum Forschung gibt und schon allein die Erfassung dieses politisierten Krankheitsbildes Probleme macht, fehlt es schlicht an belastbaren Zahlen und Daten. Wie so oft in der Pandemie.
Geradezu lächerlich ist es daher, wenn Impfgeschädigten oder solchen, die auf sie hinweisen, allen Ernstes die Zahl der bei Versorgungsämtern anerkannten Impfschäden entgegnet wird, die unter 300 liegt. Wer noch nie mit Versorgungsämtern zu tun hatte und ergo keine Ahnung hat, wie schwierig es – zumal für Kranke - sein kann, an verbriefte Leistungen zu gelangen, möge dazu bitte schweigen.
Und solange das sogenannte Post-Vac-Syndrom nicht als wissenschaftliche Diagnose anerkannt und erforscht ist, können sowohl Ämter als auch Krankenkassen sich jederzeit darauf berufen und die Anträge Impfgeschädigter ablehnen. Sprich: Die schwer kranken Patienten werden nicht nur mit ihren Beschwerden und den privat zu zahlenden Untersuchungs- und Behandlungskosten alleine gelassen, sondern auch mit dem Umstand, dass viele von ihnen nicht mehr für ihren Lebensunterhalt sorgen können, Hilfe vom Staat im Gegensatz zu vielen anderen aber trotzdem nicht erhalten. Und das, nachdem sie von der Politik zur Impfung geradezu gedrängt wurden, einige gar gezwungen – wenn sie ihren Job behalten wollten.
Impfgeschädigte sind daher, psychologisch gesehen, noch schlimmer dran als Long-Covid-Patienten, obwohl sich das Krankheitsbild auffallend ähnelt. Denn sie haben sich impfen lassen in der Annahme, sich solidarisch zu verhalten, sich und andere zu schützen, sie haben vertraut und wollten alles richtig machen.
Dass sie nur kurz darauf derart fallen gelassen würden, sich nicht mehr öffentlich äußern könnten, ohne in die Schmuddelecke gedrängt zu werden, dass sich Ärzte von ihnen abwenden, einige auf Social Media mit dem Tode bedroht, andere gar von ihren Familien verlassen würden, weil man ihnen ihre Symptome nicht glaubte – mit dieser traumatischen Erfahrung hätten die Betroffenen niemals gerechnet. Sonst hätten sie sich wohl nicht impfen lassen. Viele Impfgeschädigte berichten davon, das Vertrauen in die gesamte Gesellschaft verloren zu haben, nicht nur in staatliche Institutionen, auch in Medizin und Wissenschaft.









