Als der in Damaskus geborene deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni seine spektakuläre Skulptur „Monument“ im Februar 2017 vor der Dresdner Frauenkirche errichtete, wurde das umgehend als politische Provokation aufgefasst. Konservative und der Pegida-Bewegung nahestehende Dresdner sahen darin eine Störung des Gedenkens an die Bombardierung der Stadt im Februar 1945.
Die Gegenwart der Zerstörung
Die Assoziationskette lag offen zutage. Bombardierung, Barrikade, Verschanzung – die senkrecht aufgestellten Busse aus der syrischen Trümmerstadt Aleppo erinnerten daran, dass kriegerische Zerstörung kein singuläres Ereignis ist. Manaf Halbouni war sich der mehrfachen Kodierung seines Werkes denn auch bewusst. Als Sohn einer Dresdenerin wusste er um die traumatische Gegenwart der brennenden Elbmetropole in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Die Verheerungen in seinem Geburtsland Syrien hingegen wurden hierzulande bevorzugt als Geschehen in einem fernen Land wahrgenommen. Kaum jemand sprach zu dieser Zeit von Putins Krieg, obwohl aus geopolitischer Perspektive kaum jemand den Anteil des russischen Präsidenten an der Urheberschaft der Tötungsmaschinerie hätte bestreiten können.
Mehr noch als ein Zeugnis des Krieges war Halbounis „Monument“ eines des Widerstands. Die Überbleibsel des öffentlichen Nahverkehrs einer einst belebten Stadt im Nahen Osten dienten der Bevölkerung als temporärer Schutz und prekäre Zuflucht.
Man schien schon geneigt, die Metamorphosen von Halbounis „Monument“ als Kapitel der jüngeren Kunstgeschichte zu betrachten. Nach den Protesten in Dresden entschloss sich Shermin Langhoff, die Intendantin des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, die Busse im Rahmen des 3. Berliner Herbstsalons, einer Kunstschau des Theaters, auf dem Platz des 18. März, unweit des Brandenburger Tores, aufzustellen.
Nach den Auseinandersetzungen in Dresden aber hatte das Monument seinen provokanten Schwung weitgehend verloren. Berliner Gelassenheit? Ignoranz? Wenig später poppte noch eine kurze Debatte darüber auf, ob die Busse seinerzeit in Aleppo von der syrischen Terrororganisation Ahrar al-Sham aufgestellt worden seien, sich also mitnichten als Symbol des zivilen Widerstands eigneten.
Triumphgesten junger Männer
In der immer noch nachwirkenden Silvesternacht hat das Verkehrsmittel eine weitere Bedeutungsfacette erhalten. In Neukölln steht ein ausgebrannter Bus als vieldeutiges Zeichen am Straßenrand. Es verweist auf blinde Zerstörungswut ebenso wie auf die Triumphgesten junger Männer, für die niedergebrannte Fahrzeuge in ihren Herkunftsländern zum Alltag gehören.


