In Berlin wird eine junge Frau vermisst. Das suggerierten zumindest mehrere bunte Plakate, die zeitweise in Mitte hingen. Darauf zu sehen war das Bild einer Frau in schwarz-weiß, darunter ein QR-Code. Wird dieser dann mit dem Smartphone gescannt, werden allerdings keine weiterführenden Informationen zu einem Vermisstenfall geteilt. Stattdessen landet der Passant auf einer Übersichtswebseite, die Songs der Frau auf den gängigen Streamingdiensten wie Spotify oder Apple Music auflistet.
Die unkonventionelle Marketingstrategie sorgte in den sozialen Medien sogleich für Aufsehen. Beispielsweise erklärte eine Frau dazu, dass sie zunächst besorgt reagierte und helfen wollte, das Schicksal der vermeintlich Vermissten aufzuklären. Die Ernüchterung stieg, als sie erkannte, dass es sich lediglich um eine Werbemaßnahme handelt. Ein Kurzvideo über den Ärger wurde auf TikTok daraufhin von Tausenden Personen mit einer Gefällt-Mir-Angabe versehen. In den dazugehörigen Kommentaren teilen die Nutzer die Empörung.
@dichlieben1 #vermisstenanzeige #vermisstenfall #feminismus #berlin #fürdich ♬ Originalton - Pardis | Feminismus & Alltag🌸
„Vermisste“ Musikerin rechtfertigt sich auf TikTok
Daraufhin meldete sich die Verursacherin selbst auf der Videoplattform TikTok zu Wort und erklärte, dass die Plakate nur für einen Tag in der Hauptstadt hingen. Dazu sagte die Musikerin außerdem: „Wir sind alle Menschen und machen alle Fehler und im Idealfall kann man sich entschuldigen – und beides hab ich gemacht in der Kommentarspalte bei diesem Girl.“ Nach eigener Aussage habe sie zudem „selber gecheckt“, dass die Vermisstenanzeige „nicht ganz so taktvoll“ wäre.
Die Polizei bestätigte der Berliner Zeitung ebenso auf Anfrage, dass es sich höchstwahrscheinlich nie um einen echten Vermisstenfall handelte, da dazu keine offizielle Meldung bei den Behörden einging. Die Plakate selbst sollen an zentralen Orten wie U-Bahnhöfen gehangen haben, wie verschiedene Personen berichteten.
Hat die Aktion womöglich rechtliche Konsequenzen?
Handelt es sich bei den Vermisstenplakaten nur um eine Werbemaßnahme, kann dies auch rechtliche Konsequenzen haben und gleich mehrere Straftatbestände erfüllen, so die Polizei. Rechtlich relevant werden könnte unter anderem das Vortäuschen einer Straftat – falls der Eindruck erweckt werden könnte, die Person sei beispielsweise entführt worden. Ebenfalls könnten Juristen zu dem Schluss kommen, dass es sich bei der Aktion um Missbrauch von Notrufen oder Alarmierungen handelt. Dafür müsste das Aufhängen der Plakate unnötige Einsätze von Polizei oder Rettungskräften auslösen.
Sollte das Ziel sein, finanzielle oder andere Vorteile aus der Aktion zu ziehen, etwa durch Spendenaufrufe, könnte Betrug oder Täuschung vorliegen. Zusätzlich könnten zivilrechtliche Konsequenzen drohen, etwa Schadensersatzforderungen durch die etwaigen Kosten für eine Suchaktion oder Ähnliches.


