Mehr Touristen betroffen

Weitere Todesfälle und Vergiftungen in Istanbul: Parallelen zum Fall der Hamburger Familie

Nach dem Tod einer Hamburger Familie sind in Istanbul weitere schwere Vorfälle mit Touristen bekannt geworden. Mehrere Erkrankungen und Todesfälle geben Rätsel auf.

Die Einkaufsstraße Istiklal in Istanbul. In der Millionenmetropole werden immer mehr rätselhafte Erkrankungen und Todesfälle von Touristen bekannt.
Die Einkaufsstraße Istiklal in Istanbul. In der Millionenmetropole werden immer mehr rätselhafte Erkrankungen und Todesfälle von Touristen bekannt.dpa

Nach dem Tod einer Familie aus Hamburg in Istanbul sind mehrere weitere Vorfälle mit ausländischen Touristen bekannt geworden. In mindestens drei anderen Fällen kam es in jüngster Zeit zu schweren Erkrankungen oder Todesfällen mit bislang unklarer Ursache. Die Häufung der Meldungen wirft Fragen nach der Sicherheit von Reisenden in der Millionenmetropole auf.

Die Deutsche Presse-Agentur listete am Samstag weitere Vorfälle auf, die Parallelen zu dem Schicksal der Hamburger Familie aufweisen. So klagte in der Nacht zum 19. November ein aus Deutschland angereister Unternehmer in seinem Hotel über Schweißausbrüche und Atemnot. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht und starb dort kurze Zeit später. Wie die türkische Nachrichtenagentur DHA berichtet, ist die genaue Todesursache bislang unklar. Der Mann hatte demnach in einem Hotel im historischen Zentrum Istanbuls übernachtet - nur wenige Gehminuten von dem Hotel entfernt, in dem zuvor die Hamburger Familie untergebracht war. Die Betreiber erklärten laut türkischen Medien, in ihrem Haus habe es zuletzt keine Schädlingsbekämpfung gegeben (DHA).

Ebenfalls am 19. November wurden zwei Schwestern aus den Niederlanden mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall aus einem Hotel im Stadtteil Fatih in ein Krankenhaus eingeliefert. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu bestand der Verdacht auf eine Lebensmittelvergiftung. Eine der beiden Frauen konnte das Krankenhaus kurze Zeit später wieder verlassen, die andere blieb zunächst zur Beobachtung.

Istanbul: Zwei Jugendliche tot in Hotelzimmer entdeckt

Bereits im August waren zudem zwei niederländische Jugendliche tot in einem Hotelzimmer in Istanbul entdeckt worden. Sie waren mit ihrem Vater in die Türkei gereist. Der Vater überlebte, musste jedoch medizinisch behandelt werden. Auch in diesem Fall wurde zunächst eine Lebensmittelvergiftung als mögliche Ursache genannt. Türkische Medien berichteten, die beiden Jugendlichen hätten am Vorabend in einem Restaurant im belebten Taksim-Viertel gegessen, der Vater jedoch nicht. Offizielle Ermittlungsergebnisse zu dem Fall wurden bislang nicht veröffentlicht. Das Hotel lag laut türkischen Medienberichten ebenfalls in der Nähe des später bekannt gewordenen Falls der Hamburger Familie.

Eine weitere Parallele ergibt sich aus dem Fall einer deutschen Erasmusstudentin, die bereits im November 2024 in Istanbul gestorben war. Auch dort wurde zunächst von einer Lebensmittelvergiftung ausgegangen. Ein im August dieses Jahres veröffentlichter forensischer Bericht kommt laut ihrem Anwalt jedoch zu einem anderen Schluss: Die 21-Jährige sei mutmaßlich durch Pestizide gegen Bettwanzen vergiftet worden. Das Mittel sei im ersten Stock eines Gebäudes eingesetzt worden, habe sich in Gas verwandelt und im gesamten Haus ausgebreitet. Die Studentin wohnte im zweiten Stock.

Hamburger Familie wurde wohl vergiftet

Vor diesem Hintergrund erhält auch der Tod der Hamburger Familie eine neue Dimension. Der Vater, die Mutter sowie der fünfjährige Sohn und die dreijährige Tochter waren am 9. November nach Istanbul gereist und erstmals am 12. November wegen Beschwerden in einem Krankenhaus behandelt worden. Alle vier starben zwischen dem 13. und 17. November. Inzwischen gehen die türkischen Behörden von einer möglichen chemischen Vergiftung im Hotel aus. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu war dort am 11. November ein Zimmer wegen Schädlingsbefalls behandelt worden. Eine Lebensmittelvergiftung gilt mittlerweile als weniger wahrscheinlich.

Acht Personen wurden im Zusammenhang mit dem Tod der Familie festgenommen, darunter auch der Schädlingsbekämpfer. Dieser erklärte laut Anadolu, er habe für die Ausbringung der Chemikalien keine spezielle Zertifizierung gehabt. Ein Kollege habe ihm gesagt, diese sei nicht notwendig.

„Meine Familie kommt nie zurück“: Vater fordert Aufklärung

Der Vater des verstorbenen Hamburgers, Yilmaz Böcek, fordert eine vollständige Aufklärung. „Ich werde kämpfen, solange ich kann“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Sein Enkel hätte in diesen Tagen seinen sechsten Geburtstag gefeiert. „Sie kommen irgendwann wieder frei. Meine Familie kommt nie zurück“.

Die türkischen Behörden betonen bislang, jeder Fall werde einzeln untersucht. Ein direkter Zusammenhang zwischen den Vorfällen ist offiziell nicht bestätigt. Experten verweisen jedoch darauf, dass vor allem der unsachgemäße Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Hotels ein mögliches Risiko darstellen könne – insbesondere in älteren Gebäuden im historischen Zentrum Istanbuls.