Mit Blick auf die Eindämmung der im Südwesten Mecklenburg-Vorpommerns herrschenden Waldbrände hat sich der zuständige Landrat Stefan Sternberg (SPD) vorsichtig zuversichtlich gezeigt. „Wir sind ein bisschen optimistisch“, sagte Sternberg am Dienstagabend nach einer Lagebesprechung des Einsatzstabes. An beiden betroffenen Standorten habe man es trotz Böen auch am Abend geschafft, dass „die Flächen nicht unmittelbar größer geworden sind“. Bei Lübtheen seien weiterhin etwa 100 Hektar und bei Hagenow 45 bis 47 Hektar betroffen. „Das zeigt, dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben also auch Wirkung zeigen.“
Die Lage im Waldbrandgebiet bei Lübtheen hatte sich am Dienstag zunächst verschärft. Auffrischender Wind und explodierende Altmunition aus dem Zweiten Weltkrieg hatten das Feuer im Süden Mecklenburg-Vorpommerns angefacht. Dadurch fraßen sich die Flammen bis auf 500 Meter an die evakuierte Ortschaft Volzrade heran. In der windstillen und kühlen Nacht hatte der Abstand noch 800 Meter betragen. Immer wieder seien Explosionen zu hören gewesen, so Sternberg.
„Jede Detonation wirkt wie ein Katalysator“, sagte der Landrat des Landkreises Ludwigslust-Parchim. Die Wärmebildkamera, mit der regelmäßig über das Gebiet geflogen werde, zeige nach jeder Explosion ein Hitzenest und Funkenflug, der vom Wind aufgenommen und weitergetragen werde. Noch breite sich das Feuer am Boden bis wenige Meter hoch aus. Gefürchtet werde ein Übergreifen auf die Kronen der Bäume, sagte Sternberg.
Feuer bei Hagenow hat sich auf 45 Hektar ausgebreitet
Am Montagnachmittag waren in kurzer Folge Brände bei Lübtheen und in der Viezer Heide bei Hagenow – auch dies ein ehemaliges, munitionsbelastetes Militärgelände rund 30 Kilometer nördlich von Lübtheen – ausgebrochen. Bis Montagabend wuchsen die beiden Feuer auf 100 beziehungsweise 35 Hektar an. Während die betroffene Fläche über Nacht bei Lübtheen etwa gleich blieb, breitete sich das Feuer bei Hagenow auf 45 Hektar aus. Dennoch bereitet dieses Feuer den Behörden bisher weniger Sorgen, wie es hieß. Am Dienstag rückte die Bundeswehr bei Hagenow mit einem Panzer an, um Brandschutzschneisen zu verbreitern.
Bei Lübtheen wässerten Feuerwehrleute, wie schon am Montag, weiter den Waldboden sowie umgepflügte Schneisen zwischen dem Brand und Volzrade. Allein dort waren am Vormittag mehr als 50 Feuerwehrleute im Einsatz. Insgesamt sind es bei Lübtheen und bei Hagenow zusammen mehrere Hundert.
Als zusätzlicher Schutz vor dem #Feuer wird die Brandschneise durch die #Feuerwehr bewässert.#wirfürlup #Waldbrand pic.twitter.com/gAudr1i6eJ
— Polizei Ludwigslust (@PolizeiLWL) June 13, 2023
Für die Feuerwehrleute gilt ein Sicherheitsabstand zum Feuer von 1000 Metern, wegen der Explosionsgefahr alter Granaten. Werde der Abstand unterschritten, müssten die Männer und Frauen entsprechend zurückgesetzt werden, hieß es.
Schwesig über Waldbrände: „Besser gerüstet als 2019“
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) besuchte am Dienstagmorgen die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren, die auch aus anderen Landkreisen nach Lübtheen geeilt sind und informierte sich über die Lage. Es sei bedrückend zu sehen, dass es nach vier Jahren erneut auf dem ehemaligen Militärgelände brenne, sagte sie.
Zugleich sei man jetzt deutlich besser gerüstet als 2019, als die Flammen fast eine Woche lang wüteten und knapp 1000 Hektar Wald erfassten. Nach 2019 seien 15 Brunnen für Löschwasser gebohrt worden, der letzte sei erst kurz vor Weihnachten 2022 fertig geworden. Aus diesem Brunnen kam am Dienstag das Wasser für große Wassersprenger, um die Flammen von einem Munitionszerlegebetrieb, der sich in dem Gebiet befindet, abzuhalten.
Zudem seien 13 geländegängige Feuerwehrfahrzeuge mit besonders großem Wassertank für 3,4 Millionen Euro angeschafft worden, die über das Land verteilt stationiert und jetzt in kürzester Zeit in Südwestmecklenburg zusammengezogen worden seien. Sie sei sehr dankbar, dass dies so gut klappe, sagte die Regierungschefin. Alle arbeiteten Hand in Hand.
Wegen Hitze: Deutlich mehr Explosionen als 2019
Schwieriger als 2019 ist laut Landrat Sternberg, dass noch viel Totholz von dem letzten Brand im Wald liege und dem Feuer Nahrung gebe. Die Hitze des Feuers sei damit größer, es dringe tiefer in den Boden ein und bringe mehr Munition zum Detonieren. „Wir haben deutlich mehr Explosionen als 2019“, sagte er. Als Ursache für das Feuer vermutet Sternberg die Selbstentzündung alter Munition, die durch Erosion an die Oberfläche gelange. Dies könne bei anhaltend trockenheißer Witterung passieren. „Wir gehen nicht von Brandstiftung aus“, sagte er.
Regen, der die Lage entspannen könnte, ist nicht in Sicht. Bis Anfang kommender Woche ist sonniges Wetter mit Temperaturen bis zu 28 Grad für die Region vorhergesagt.
Ein Hubschrauber mit Löschwasser aus der Luft für schlecht zugängliche Stellen musste am Morgen zwischenzeitlich seine Flüge einstellen, weil der Luftraum über dem Gebiet im Zuge der internationalen Luftwaffenübung „Air Defender 23“ gesperrt war. Seitens der Bundeswehr werde geklärt, dass ab sofort der Luftraum für die Löscharbeiten frei werde, sagte Sternberg. Sollte es nötig werden, würden noch weitere Löschhubschrauber angefordert.
#Waldbrand in #Lübtheen heute Abend. Es ist gespenstisch. Das Feuer ist nur noch 800 Meter vom Ort Volzrade entfernt. Der Ort wurde komplett evakuiert. pic.twitter.com/gG3Pawwu1o
— michaelmueritz (@michaelmueritz) June 12, 2023
Totholz vom letzten Brand führt jetzt zu größerer Hitze
Auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen hatte bereits 2019 der bis dahin größte Waldbrand in der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns auf fast 1000 Hektar gewütet. Mehr als 3000 Feuerwehrleute kämpften damals fast eine Woche lang gegen die Flammen.




