Berlin

Verdacht auf Nowitschok-Vergiftung in Berlin: Russin auf Charité-Isolierstation

Die Mutter von Kreml-Kritiker Kara-Mursa liegt auf der Isolierstation der Charité Berlin. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts.

Polizei-Foto des Eingangsbereichs des Klinikgebäudes
Polizei-Foto des Eingangsbereichs des KlinikgebäudesBerliner Polizei

Nachdem eine Frau den Verdacht geäußert hat, mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden zu sein, ermittelt die Berliner Polizei wegen eines möglichen versuchten Tötungsdelikts.

Die Frau sei auf die Isolierstation der Berliner Charité gebracht worden, teilte die Polizei mit. Bei der Patientin handelt es sich offenbar um die Mutter des russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa. Er war 2023 in Russland zu Lagerhaft verurteilt worden. Im August dieses Jahres kam er bei einem Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen frei. Im August 2020 war der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny mit Nowitschok vergiftet worden.

Nach Informationen der Berliner Zeitung soll die Frau angegeben haben, die Türklinke ihrer Wohnung am Stuttgarter Platz in Charlottenburg-Wilmersdorf berührt zu haben, die mit einer Flüssigkeit benetzt war. Daraufhin habe sie gesundheitliche Probleme gehabt.

Rettungswagen alarmiert, Blutuntersuchungen laufen

Eine Berliner Polizeisprecherin sagte, die Frau habe über Übelkeit geklagt und einen Rettungswagen alarmiert. Sie habe Ärzten gesagt, dass sie den Verdacht habe, vergiftet worden zu sein.

„Blutuntersuchungen auf alle Arten von giftigen Stoffen werden durchgeführt. Alle polizeilich erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit, aber auch zur Ermittlung potentieller Tatverdächtiger laufen“, hieß es weiter. Die Frau ist nach Angaben der Polizeisprecherin Deutsch-Russin.

Nach Angaben aus Ermittlerkreisen hatte sich die Frau zunächst im Martin-Luther-Krankenhaus in Schmargendorf gemeldet. Aufgrund ihrer Symptome wurde sie am Abend von dort ins Virchow-Klinikum der Charité verlegt. Dort wurden die Sicherheitsmaßnahmen massiv hochgefahren.

Auch andere Ursachen sind möglich

Dass die Frau wirklich einem Mordversuch ausgesetzt war, daran gibt es allerdings Zweifel. „Bei Nowitschok ist man bei geringsten Mengen sofort tot“, sagte ein Katastrophenschützer der Berliner Zeitung. Nowitschok ist ein schnell wirkendes tödliches Kontaktgift. Dieses wurde bisher nicht festgestellt.

Derzeit schließen die Ärzte auch nicht aus, dass die Krankheitssymptome bei der Frau andere Ursachen haben. Die entsprechenden Tests laufen derzeit. „Die Frau wurde für eine umfassende Diagnostik aufgenommen“, sagte ein Sprecher der Charité.

Wladimir Kara-Mursa erklärte am Abend auf Telegram und X, seine Mutter liege tatsächlich in Berlin im Krankenhaus. Der Verdacht auf eine Vergiftung und einen Herzinfarkt habe sich aber nicht bestätigt. Die Untersuchungen würden fortgesetzt.

„Wir sind erst einmal froh, dass es der Frau momentan gut geht und hoffen, dass das auch in den nächsten Tagen so bleibt“, teilte Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei mit. Es sei klar, dass bei so einem Vorfall sofort die Alarmglocken hochgehen, „denn der russische Despot hat mehrfach unter Beweis gestellt, dass Moskaus Arm auch bis nach Berlin reicht und er nicht davor zurückschreckt, Kritiker aus dem Weg zu räumen“.

Jendro verwies darauf, dass Berlins Behörden personell und technisch eigentlich nicht auf derartige terroristische Bedrohungslagen vorbereitet seien. „Wir sollten in diesem Kontext auch mal ernsthaft darüber sprechen, dass es unsere Kollegen bei Polizei und Feuerwehr sind, die als erste mit Betroffenen und solchen Gefahren in Kontakt kommen und wir dementsprechend Strukturen brauchen, um sie vor Nervengiften und chemischen Gefahrenstoffen zu schützen.“