Die Rohölpreise sind am Mittwoch sprunghaft gestiegen, nachdem US-Präsident Donald Trump eine vollständige Blockade aller unter Sanktionen stehenden Öltanker angeordnet hat, die Venezuela ansteuern oder verlassen. Sowohl Brent- als auch WTI-Kontrakte legten zeitweise um mehr als zwei Prozent zu, bevor sie einen Teil der Gewinne wieder abgaben.
„Die große Nachricht ist die Ölpreisrally nach Präsident Trumps Ankündigung einer Ölblockade gegen Venezuela“, sagte Forex.com-Analyst Fawad Razaqzada der Nachrichtenagentur AFP. Die Kursgewinne hätten Energieaktien in Europa angetrieben – Unternehmen wie BP und Shell verhalfen dem britischen FTSE 100 zu einer überdurchschnittlichen Entwicklung. Beide Aktien notierten am Nachmittag in London rund zwei Prozent im Plus.
Die Zuwächse glichen einen Teil der Verluste vom Vortag aus, als die Ölpreise um 2,7 Prozent gefallen waren. Trump hatte zuvor erklärt, ein Abkommen zur Beendigung des Ukraine-Krieges sei näher als je zuvor – eine Entwicklung, die Sanktionen gegen russisches Öl lockern und die bereits bestehenden Überangebotssorgen verstärken könnte.
Experten rechnen mit begrenzten Marktauswirkungen
Trotz der Blockade-Ankündigung erwarten Fachleute keine dauerhaft steigenden Ölpreise. „Isolierte Angriffe auf Drogenhandels-Infrastruktur wie Landebahnen oder Labore hätten minimale Auswirkungen auf die Preise“, sagte Francisco Monaldi, Direktor für lateinamerikanische Energiepolitik am Baker Institute der Rice University. Der Markt würde dies schnell absorbieren – auch weil Venezuela weniger als ein Prozent zur weltweiten Ölförderung beiträgt und Analysten ohnehin mit einem globalen Überangebot rechnen.
David Goldwyn vom Atlantic Council bezeichnete die jüngste Tankerbeschlagnahmung als „isolierten Vorfall“ mit ‚bescheidenen‘ Auswirkungen auf Preise und Märkte. Analysten von Goldman Sachs erwarten kurzfristig eine leichte Marktverknappung mit höheren Preisen. Langfristig könnte ein politischer Umbruch, der westlichen Ölkonzernen den Zugang zu Venezuela ermöglicht, jedoch zu mehr Exporten und größerem Angebot führen.
Größte US-Militärpräsenz seit Panama-Invasion
Trump verkündete auf seiner Plattform Truth Social eine „totale und vollständige Blockade“ und erklärte, Venezuela sei „vollständig von der größten Armada umgeben, die jemals in der Geschichte Südamerikas zusammengestellt wurde“. Die US-Militärpräsenz in der Region gilt als die größte seit der Invasion Panamas im Jahr 1989. Tausende Soldaten und fast ein Dutzend Kriegsschiffe, darunter ein Flugzeugträger, wurden in die Karibik verlegt.
Die Ankündigung erfolgte eine Woche, nachdem US-Streitkräfte am 10. Dezember einen Öltanker vor der venezolanischen Küste beschlagnahmt hatten. Generalstaatsanwältin Pam Bondi erklärte, das Schiff stehe wegen seiner Beteiligung an einem „illegalen Öltransportnetzwerk zur Unterstützung ausländischer Terrororganisationen“ unter US-Sanktionen. Der Tanker gehört nicht dem staatlichen Ölkonzern Petróleos de Venezuela SA (PdVSA), sondern wurde bereits 2022 wegen der Unterstützung iranischer Ölexporte sanktioniert.
Venezuela bezeichnete die Beschlagnahmung als „Akt der Piraterie“. „Die wahren Gründe für die Aggression gegen Venezuela sind nun offengelegt worden. Es ging immer um unsere natürlichen Ressourcen, unser Öl“, hieß es in einer Erklärung der Regierung.
Gegensätzliche Darstellungen aus Washington und Caracas
Trump wirft der Maduro-Regierung vor, „gestohlenes“ Öl zur Finanzierung von „Drogenterrorismus, Menschenhandel, Mord und Entführung“ zu verwenden. Das Weiße Haus beschuldigt Venezuela wiederholt, den Drogenhandel zu erleichtern. Seit September hat das US-Militär bei Angriffen auf Boote im Pazifik und in der Karibik mindestens 90 Menschen getötet – Washington behauptet, diese Schiffe hätten illegale Drogen in die USA transportiert. Die Trump-Regierung hat jedoch keine öffentlichen Beweise vorgelegt, dass diese Schiffe Fentanyl oder Kokain transportierten.

