Ukrainekrieg

Doch keine Wahlen im Sommer: Ukraine verlängert Kriegsrecht

Trotz der Gespräche zwischen den USA und Russland wird in der Ukraine weiter gekämpft. Das ukrainische Parlament reagiert – und verlängert das Kriegsrecht.

Trotz laufender internationaler Gespräche über eine Waffenruhe hat die Ukraine das geltende Kriegsrecht und die Mobilisierung verlängert.
Trotz laufender internationaler Gespräche über eine Waffenruhe hat die Ukraine das geltende Kriegsrecht und die Mobilisierung verlängert.Ukraine Presidency

Das ukrainische Parlament hat das Kriegsrecht und die Mobilisierung in dem von Russland überfallenen Land um weitere drei Monate verlängert. Das Kriegsrecht gilt nach der Unterschrift des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj damit bis zum 6. August. Es wäre am 9. Mai ausgelaufen. Der Parlamentssprecher hatte bereits erklärt, dass die Ukraine trotzdem entschlossen ist, die Demokratie zu wahren.

Die Ukraine hatte am 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Einmarsches, erstmals das Kriegsrecht verhängt und eine Generalmobilmachung ausgerufen. Dies ist die 15. Verlängerung. Unter dem Kriegsrecht können wehrpflichtige Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren das Land nur in Ausnahmefällen verlassen. Zudem kann die Ukraine keine Präsidentschaftswahlen abhalten. Die Amtszeit von Präsident Selenskyj endete offiziell im Mai letzten Jahres.

Russland hat versucht, ihn und die ukrainische Regierung als illegitim darzustellen. Vor einigen Wochen stellte auch US-Präsident Donald Trump Selenskyjs Legitimität infrage und bezeichnete ihn als einen „Diktator ohne Wahlen“. Auch Trumps Sondergesandter hat die Ukraine mehrfach aufgefordert, bis Ende des Jahres an die Urnen zu gehen. Die Ukraine werde „einen Punkt erreichen“, an dem sie Wahlen abhalten müsse, um die Gesundheit ihrer Demokratie zu erhalten, hatte Keith Kellogg gesagt.

Wann könnten Wahlen in der Ukraine abgehalten werden?

Einem kürzlich erschienenen Bericht zufolge hat Selenskyj sein Team jedoch angewiesen, mit den Vorbereitungen für die Wahlen zu beginnen, die möglicherweise schon in diesem Sommer stattfinden könnten. Nach der Abstimmung in der Werchowna Rada zur Verlängerung des Kriegsrechts wird dies nicht mehr möglich sein. Da das Gesetz mindestens 60 Tage für den Wahlkampf vorschreibt, wären Präsidentschaftswahlen nun frühestens Anfang Oktober möglich.

In der vergangenen Woche hatte Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk betont, dass die Ukraine sich zur Abhaltung demokratischer Wahlen verpflichtet hätte. Die Vorbereitungen für künftige Wahlen hätten begonnen, befänden sich aber noch in einem sehr frühen Stadium. Er fügte jedoch hinzu, dass das Parlament das Kriegsrecht unterstützen müsse, da der Krieg noch nicht vorbei sei.

Poroschenko wirft Selenskyj „Aufbau eines autoritären Regimes“ vor

Präsident Selenskyj ist nicht nur mit Druck aus dem Ausland konfrontiert. Der ehemalige Präsident und Selenskyj-Rivale Petro Poroschenko warnte in einer Rede im Parlament davor, das Kriegsrecht zur Stärkung autoritärer Tendenzen in der Ukraine einzusetzen.

„Wir wissen mit Sicherheit, dass dies getan werden muss, aber warum einen Monat vor dem Ende?“, sagte Poroschenko am Dienstag und bezog sich dabei auf das Ablaufdatum des Kriegsrechts am 9. Mai. „Ich möchte betonen, dass wir das Offensichtliche zugeben müssen: Die Behörden haben begonnen, das Kriegsrecht zu missbrauchen, indem sie es nicht nur zur Verteidigung des Landes, sondern zum Aufbau eines autoritären Regimes nutzen.“

Im März war bekannt geworden, dass Trump-Verbündete Gespräche sowohl mit Poroschenko als auch mit der ehemaligen Premierministerin Julija Tymoschenko geführt hatten. Laut Politico sollen die Kontakte mit Selenskyjs Gegnern dazu dienen, nach einer Waffenruhe zwischen der Ukraine und Russland, aber vor der Aufnahme umfassender Friedensverhandlungen, Präsidentschaftswahlen abzuhalten. Trotz ihrer wachsenden Kritik an Selenskyj, haben sich beide Politiker gegen die Abhaltung von Wahlen vor Kriegsende ausgesprochen, ebenso wie der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko.