Ukrainekrieg

Selenskyj schießt gegen Witkoff: „Sie wissen, dass dies für uns eine rote Linie ist“

Trumps Sondergesandter spricht mit Putin und erzählt dann, wie dicht man an einem Friedensabkommen zur Ukraine sei. Dies sorgt in Kiew für Empörung.

Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj.
Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj.Ukrainian Presidency

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu den Äußerungen von Donald Trumps Sondergesandten, Steve Witkoff, wonach der Schlüssel zu einem Abkommen zur Beendigung des russischen Kriegs in der Ukraine „fünf Gebiete“ seien.

„Alle Territorien gehören zum Einheitsstaat Ukraine“, betonte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte in der Hafenstadt Odessa. Nur das ukrainische Volk entscheide über sein Staatsgebiet. „Und Sie wissen, dass dies für uns eine rote Linie ist – alle vorübergehend besetzten Gebiete nicht als ukrainisch, sondern als russisch anzuerkennen“, sagte der ukrainische Staatschef. Daher diskutieren diese Personen über Angelegenheiten, die über ihr Mandat hinausgehen, fügte Selenskyj hinzu, ohne Witkoff namentlich zu nennen.

Zuvor hatte Witkoff in einem Interview mit Fox News über sein jüngstes Treffen mit Wladimir Putin in der Heimatstadt des russischen Präsidenten, St. Petersburg, gesprochen. Auf die Frage, ob eine Einigung zur Beendigung des Ukrainekrieges zu erwarten sei oder ob Putin eventuell versuche, Zeit zu gewinnen, zeigte sich Witkoff zuversichtlich, dass sich eine Einigung „abzeichnet“.

Russland-Kurs spaltet die Trump-Regierung

Gegen Ende der knapp fünfstündigen Gespräche erörterten die beiden Seiten nach Witkoffs Angaben die „Forderungen Putins, um ihn dazu zu bringen, einem dauerhaften Frieden zuzustimmen, der über einen Waffenstillstand hinausgeht“. Bei dem Friedensabkommen gehe es um „die sogenannten fünf Gebiete“, erklärte Witkoff weiter und fügte hinzu, dass es noch viele weitere Elemente gebe, die „Sicherheitsprotokolle“ und den Artikel 5 des Nordatlantikvertrags der Nato beträfen. Trumps Sondergesandter hat nicht angegeben, von welchen fünf Gebieten er sprach. Vermutlich bezog er sich auf die fünf Regionen der Ukraine, die Russland für sich beansprucht, nämlich die Krim sowie Teile der vier ukrainischen Oblaste Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja.

Witkoff hatte in der Vergangenheit mit sehr positiven Äußerungen über Putin für Stirnrunzeln gesorgt. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge stellt sich zwar Trump auf seine Seite und vertritt die Ansicht, dass Putin den Krieg beenden will. Einige seiner engsten Berater, darunter Außenminister Marco Rubio und der Ukraine-Beauftragte Keith Kellogg, bezweifeln jedoch, dass der Kremlchef ein echtes Interesse am Frieden hat. Nach Angaben von US-Regierungsvertretern raten sie ihm, einen härteren Kurs gegenüber Russland einzuschlagen, wenn es um Forderungen nach ukrainischen Gebietszugeständnissen geht.

Weißes Haus äußert sich zu Selenskyjs Einladung an Trump

Der russische Angriff auf Sumy am vergangenen Sonntag, bei dem 34 ukrainische Zivilisten getötet wurden, war laut der US-Tageszeitung ein Wendepunkt. Während der Diskussionen, ob Washington mehr Sanktionen gegen Moskau verhängen sollte, um es zu Verhandlungen zu zwingen, sollen Rubio und Kellogg Trump geraten haben, Putins Absichten gegenüber vorsichtiger zu sein.

Selenskyj hatte seinerseits Trump aufgefordert, die Ukraine zu besuchen, „um zu verstehen, was Putin getan hat“. In einem am vergangenen Sonntag ausgestrahlten, aber vor dem russischen Angriff auf Sumy aufgezeichneten Interview mit CBS sagte Selenskyj: „Bitte, bevor Sie irgendeine Entscheidung treffen, irgendeine Form von Verhandlungen beginnen, kommen Sie und sehen Sie sich die Menschen an, die Zivilisten, die Kämpfer, die Krankenhäuser, die Kirchen, die Kinder, die zerstört oder tot sind.“

Am Dienstag antwortete das Weiße Haus, dass ihm keine Pläne von Trump für einen Ukraine-Besuch bekannt seien. „Ich habe nicht mit dem Präsidenten darüber gesprochen und auch nicht darüber, ob er das Angebot Selenskyjs gesehen hat“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses. „Ich kann ihn fragen, was er denkt. Aber ich habe sicherlich keine Pläne, die ich über seine mögliche Reise in die Ukraine mitteilen könnte“, so Caroline Leavitt.