Ukrainekrieg

„Nicht nur verteidigen“: Trump fordert Offensive – Selenskyj kündigt Angriffe an

Donald Trump hatte erklärt, Kriege ließen sich nicht allein durch Verteidigung gewinnen. Wolodymyr Selenskyj griff das auf – und will den militärischen Druck auf Moskau erhöhen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj
Der ukrainische Präsident Wolodymyr SelenskyjAP

Die Ukraine will den Druck auf Russland weiter erhöhen. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte in seiner abendlichen Ansprache, es reiche nicht mehr aus, sich ausschließlich gegen russische Angriffe zu verteidigen. „Dieser Krieg muss beendet werden, wir müssen Druck auf Russland ausüben“, sagte Selenskyj. Kremlchef Wladimir Putin verstehe „nichts außer Macht und Druck“.

Selenskyj verwies dabei auch auf US-Präsident Donald Trump, der Kiew am Donnerstag indirekt zu mehr Angriffen aufgerufen hatte. Trump erklärte, dass Kriege nicht allein durch Verteidigung gewonnen werden könnten. „Es ist wie bei einer großen Sport-Mannschaft, die eine fantastische Abwehr hat, aber nicht offensiv spielen darf. Da gibt es keine Chance zu gewinnen. Genau so ist es mit der Ukraine und Russland“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.

Gleichzeitig zeigte sich Trump im Blick auf mögliche Friedensgespräche vorsichtiger. In einem Interview mit dem konservativen Moderator Todd Starnes sprach er von einem Zeitrahmen von zwei Wochen, nach dem sich die Aussichten auf eine Einigung besser bewerten ließen. „Wir werden in den kommenden zwei Wochen auf die eine oder andere Weise mehr wissen“, sagte er. Danach müsse womöglich „ein anderer Ansatz verfolgt werden“. Details ließ der US-Präsident offen.

Drohnenangriffe auf russische Öl-Infrastruktur

Wie ernst es die Ukraine mit ihrer neuen Linie meint, zeigte sich in der Nacht zum Freitag: Kamikaze-Drohnen des 14. UAV-Regiments griffen die Öl-Pumpstation im russischen Ort Unecha in der Region Brjansk an. Die Anlage ist Teil der strategisch wichtigen Druschba-Pipeline, über die Rohöl in mehrere europäische Länder transportiert wird und die auch den russischen Rüstungssektor versorgt.

Nach Angaben von Robert „Magyar“ Brovdi, Kommandeur der ukrainischen Streitkräfte für unbemannte Systeme, wurde die Pumpstation schwer beschädigt. Auf Telegram schrieb er: „Die Pumpstation Unecha liegt in Trümmern – mal sehen, ob Ihr das in 48 Stunden repariert bekommt“. Er ergänzte: „Die Reise der Vögel unserer unbemannten Systeme durch die Ölanlagen der Russen geht weiter.“

Unecha ist nicht zum ersten Mal Ziel ukrainischer Drohnen. Bereits am 12. August sowie am 17. August waren dort und im Gebiet Tambow Pumpstationen getroffen worden. Beim Angriff in Tambow war die Förderung zeitweise vollständig ausgefallen.

Der Kreml äußerte sich bislang nicht konkret zu dem jüngsten Vorfall. Russische Staatsmedien berichteten lediglich über Brände in der Region Brjansk, ohne Details zur Ursache zu nennen.

Erste Erfolge an der Front?

Auch am Boden meldet Kiew Fortschritte. Der ukrainische Armeechef Olexander Syrskyj erklärte, nahe der Stadt Pokrowsk im Südosten seien sechs Ortschaften zurückerobert worden. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben allerdings nicht. Im Nordosten bei Sumy kam es ebenfalls zu Gegenangriffen. Aber auch Russland meldete in dieser Woche Geländegewinne, unter anderem in der Region Sumy.

Eine große ukrainische Offensive im Sommer 2023 war an den tief gestaffelten russischen Verteidigungslinien gescheitert. Seitdem hat die Armee ihre Strategie angepasst und setzt zunehmend auf kleinere Vorstöße und Drohnenangriffe auf russisches Territorium.

Selenskyj: „Müssen Druck an der Front und in den Verhandlungen aufbauen“

Neben den militärischen Operationen betonte Selenskyj, dass auch diplomatische Bemühungen fortgesetzt würden. „Wir müssen gleichzeitig Druck an der Front und in den Verhandlungen aufbauen“, sagte er. Nach dem Alaska-Gipfel vergangene Woche hatten Trump, Selenskyj und europäische Spitzenpolitiker über einen möglichen Friedensprozess beraten. Als nächster Schritt ist ein Treffen zwischen Selenskyj und Putin im Gespräch – doch Moskau zeigt bislang wenig Bereitschaft.

„Ehrlich gesagt sind die Signale aus Russland derzeit einfach unanständig“, so Selenskyj. „Sie wollen diesen Krieg nicht beenden. Sie setzen ihre massiven Angriffe gegen die Ukraine und ihre sehr heftigen Angriffe an der Front fort.“ Auch die estnische Premierministerin Kaja Kallas warf Putin im ZDF-„heute journal“ vor, lediglich „auf Zeit zu spielen“ und kein Interesse an ernsthaften Verhandlungen zu haben.

Sicherheitsgarantien bleiben Streitpunkt

Im Zentrum möglicher Friedensgespräche steht die Frage nach künftigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Selenskyj setzt auf eine Absicherung durch europäische Partner – auch durch eine mögliche Truppenpräsenz. Russland hingegen will die Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrats in die Pflicht nehmen, was aus Sicht Kiews nicht tragfähig wäre: Moskau könnte damit jeden Einsatz blockieren.

Während die militärischen Auseinandersetzungen anhalten, bleibt die Lage somit unklar: Die Ukraine intensiviert ihre Gegenangriffe – auf dem Schlachtfeld und gegen die russische Energie-Infrastruktur –, gleichzeitig wächst international der Druck auf Moskau, überhaupt an einem ernsthaften Friedensprozess teilzunehmen.