Ukrainekrieg

Lawrow wirft Europa Blockade von Friedensbemühungen vor

Lawrow wirft Europas Koalition der Willigen vor, Friedensgespräche zu blockieren. Putin signalisiert derweil Bereitschaft zu einem Treffen mit Selenskyj.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow
Russlands Außenminister Sergej Lawrowergei Bulkin/Tass/imago

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die sogenannte Koalition der Willigen scharf kritisiert und ihr vorgeworfen, Friedensbemühungen zu untergraben. „Die Koalition versucht, den Fokus von den eigentlichen Ursachen des Konflikts abzulenken“, sagte Lawrow am Donnerstag laut Telegraph und Sky News. Mit den „Ursachen“ meint Moskau regelmäßig die ukrainischen Bestrebungen, der Nato beizutreten.

Die von Großbritannien und Frankreich angeführte Gruppe europäischer Staaten – darunter auch Deutschland, Finnland und Italien – hatte zuletzt Bereitschaft signalisiert, ein mögliches Friedensabkommen militärisch abzusichern, notfalls auch mit Bodentruppen in der Ukraine. Das stößt in Russland auf scharfe Kritik. Washington hingegen deutete lediglich an, den Luftraum überwachen zu wollen, ohne eigene Soldaten zu entsenden.

Lawrow: Putin bereit für Treffen mit Selenskyj

Lawrow warf Europa zudem vor, die Annäherung zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin zu „unterminieren“. Putin sei zwar zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bereit, doch gebe es Fragen zur „Legitimität“ der ukrainischen Führung, die zuvor geklärt werden müssten. Versuche, über Sicherheitsgarantien für die Ukraine außerhalb der von Moskau 2022 in Istanbul gesetzten Rahmenbedingungen zu verhandeln, nannte Lawrow „hoffnungslos“.

Selenskyj hat sich erstmals offen für einen Kompromiss bei seiner bisherigen Forderung gezeigt, dass vor Friedensgesprächen mit Russland eine Waffenruhe vereinbart werden müsse. Entscheidend sei, dass zunächst Sicherheitsgarantien für die Ukraine festgelegt würden, sagte er am Mittwoch in Kiew vor Journalisten. Innerhalb von sieben bis zehn Tagen solle eine „Architektur für Sicherheitsgarantien“ stehen, bevor ein Termin für Gespräche mit dem Kreml festgelegt werde.

Selenskyj erklärte, er habe Trump zugesichert, dass die Ukraine eine „Phase der Ruhe“ brauche, um einen realistischen Plan zur Beendigung des Krieges auszuarbeiten. Trump hatte zuletzt signalisiert, offen für ein „Friedensabkommen“ anstatt einer sofortigen Waffenruhe für anschließende Friedensverhandlungen zu sein – wie von Putin beim Alaska-Gipfel vorgebracht.

Streit um Sicherheitsgarantien zwischen Kiew und Moskau

Bei den Sicherheitsgarantien deutet sich jedoch Streit an. Während Kiew und seine Verbündeten über militärische Absicherungen nach dem Vorbild des Nato-Beistandsartikels beraten – auch über mögliche Stationierungen in oder nahe der Ukraine –, lehnt Moskau dieses Modell ab. „Ausländische Truppen in der Ukraine sind absolut inakzeptabel“, sagte Lawrow am Donnerstag nach Angaben der Agentur Interfax. Russland wolle nur Garantien, an denen es selbst beteiligt sei und die sich nicht gegen Moskau richteten.

Lawrow verwies auf frühere Gespräche in Istanbul 2022, bei denen Russland vorgeschlagen hatte, die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates – USA, China, Frankreich, Großbritannien und Russland – sollten als Garanten auftreten. Damals habe Moskau zudem ein Vetorecht beansprucht, das ein Eingreifen der anderen Mächte bei einem neuen russischen Angriff blockiert hätte. Westliche Staaten hätten die Ukraine letztlich von einer Zustimmung abgehalten, so Lawrow.

Selenskyj betonte in Kiew, die Ukraine brauche Garantien, die einem Nato-Beistand gleichkämen. Nach seiner Vorstellung könnte ein Treffen mit Putin nach Festlegung der Sicherheitsarchitektur stattfinden – als möglicher Ort kämen neutrale Länder wie die Schweiz, Österreich oder auch die Türkei in Frage. Moskau oder Budapest schloss er aus.

Russland erobert Gebiete in Donezk und greift US-Fabrik an

Das russische Verteidigungsministerium meldete zudem am Donnerstag die Einnahme des Dorfes Oleksandro-Schultyne im östlichen Gebiet Donezk. Zudem seien bei dem größten Angriff seit etwa einem Monat in der Nacht zum Donnerstag Ziele der ukrainischen Energie- und Rüstungsinfrastruktur sowie Flugplätze angegriffen worden.

Nach Angaben von Außenminister Andrij Sybiha traf einer der Angriffe eine Elektronikfabrik eines US-Unternehmens in Mukatschewe. „Dies ist nicht der erste russische Angriff auf amerikanische Betriebe in der Ukraine“, schrieb Sybiha auf X. Anfang des Jahres seien bereits Büros von Boeing in Kiew attackiert worden. Die Angaben lassen sich unabhängig nicht überprüfen. Der Leiter des ukrainischen Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation, Andrij Kowalenko, erklärte auf Telegram, Putin sende mit dem Angriff eine „Botschaft an Trump“. Der Kreml äußerte sich bisher nicht dazu.