Ukrainekrieg

Russische Armee rückt weiter vor: Selenskyj warnt vor „drei neuen Offensiven“

Kurz vor dem Treffen zwischen Trump und Putin geht das Kampfgeschehen an der Front unablässig weiter. Eine ukrainische Einsatzgruppe schreibt von „deutlich überlegenen“ russischen Kräften.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, glaubt nicht, dass Russland sich auf einen baldigen Waffenstillstand einstellt.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, glaubt nicht, dass Russland sich auf einen baldigen Waffenstillstand einstellt.Ansgar Haase/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor einem weiteren Vorrücken Russlands auf ukrainischem Gebiet gewarnt. „Wir stellen fest, dass sich die russische Armee nicht auf eine Beendigung des Krieges vorbereitet“, erklärte Selenskyj am Dienstag und fügte an: „Sie unternimmt im Gegenteil Truppenbewegungen, die auf die Vorbereitung neuer Offensiven hindeuten.“

Am Dienstagabend teilte Selenskyj ferner mit, dass Russland nach Ansicht der Ukraine neue Offensiven an drei Frontabschnitten plane. Stoßrichtung solle unter anderem Saporischschja sein, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstag vor Journalisten. Er schloss zugleich aus, eigene Truppen aus der Region Donbass zurückzuziehen.

Russland hatte zuletzt Geländegewinne in mehreren ukrainischen Regionen gemeldet. Am Dienstag schrieben der ukrainische Generalstab und armeenahe Militärblogger über russische Vorstöße an einem strategisch wichtigen Abschnitt in der Ostukraine. Die Armee meldete Gefechte in der Nähe des Dorfes Kutscheriw Jar in der Region Donezk. In dem der Armee nahestehenden Online-Portal „DeepState“ hieß es, russische Soldaten seien innerhalb eines Tages um etwa zehn Kilometer weiter nach Norden vorgerückt.

Eine von „DeepState“ veröffentlichte Karte von der Front zeigt einen Korridor, der nun unter russischer Kontrolle ist und somit die Garnisonsstadt Dobropillja bedroht. Auch die umkämpfte und zerstörte Industriestadt Kostjantiniwka ist durch das russische Vorrücken bedroht. Die Stadt ist eines der letzten großen städtischen Gebiete in der Region Donezk, das noch unter der Kontrolle der Ukraine steht.

Ein bekannter Militärblogger namens Sternenko schrieb im Onlinedienst Telegram, die russischen Einheiten hätten während ihres Vormarsches Teile auch einer Schnellstraße unter ihre Kontrolle gebracht, die wichtige Ortschaften in der Region Donezk verbindet.

Eine in der Region aktive Einsatzgruppe der ukrainischen Armee schrieb im Onlinedienst Facebook, sie habe am Dienstag „erschöpfende Verteidigungskämpfe“ gegen „deutlich überlegene“ russische Kräfte geführt. Die Lage sei „komplex, unangenehm und dynamisch“, da es russischen Truppen gelungen sei, zwischen den ukrainischen Verteidigungslinien vorzudringen. Auch aus der Luft griff die russische Armee wieder Ziele in der Ukraine an. In der Region Donezk wurden nach Angaben der ukrainischen Polizei bei Angriffen mit Gleitbomben und Raketen drei Menschen getötet und 13 weitere verletzt.

Waffenruhe-Gespräche bislang gescheitert

Gespräche über eine Waffenruhe in dem seit dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg sind bislang gescheitert. Am Freitag treffen sich US-Präsident Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin im US-Bundesstaat Alaska zu Beratungen über den Ukraine-Krieg. Der ukrainische Präsident Selenskyj ist nicht eingeladen. Trump stellte jedoch in Aussicht, dass ein nächstes Treffen mit ihm stattfinden sollte.

Moskau verlangt von Kiew, die vier von Russland teilweise besetzten ostukrainischen Regionen Saporischschja, Donezk, Luhansk und Cherson sowie die von Russland annektierte Halbinsel Krim vollständig abzutreten und zudem auf westliche Militärhilfe und einen Nato-Beitritt zu verzichten. Die Ukraine weist diese Forderungen bislang als unannehmbar zurück – Berichten zufolge könnte sich Selenskyjs strikte Haltung dazu jedoch gerade aufweichen.