Mit einem massiven Militäreinsatz hat die russische Armee nach eigenen Angaben den bisher schwerwiegendsten Angriff von aus der Ukraine eingedrungenen Kämpfern auf das eigene Staatsgebiet aufgehalten.
Die in die Grenzregion eingedrungenen Gruppierungen werden als nationalistisch bezeichnet. Zeit Online nennt Teile davon sogar „rechtsradikale Partisanen“. Die Berichte unterscheiden sich über die aktuelle Situation an der russisch-ukrainischen Grenze.
Die Gruppierungen seien durch einen „Anti-Terror-Einsatz“ mit Luftangriffen und Artilleriefeuer „aufgehalten und zerstört“ worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Dienstag. Die verbliebenen „Nationalisten“ seien auf das „Territorium der Ukraine zurückgedrängt“ worden, wo die „zerstörerischen Schläge“ der russischen Armee bis zur „vollständigen Vernichtung“ der Kämpfer fortgesetzt worden seien. Demnach tötete die russische Armee mehr als 70 „ukrainische Terroristen“. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Bei der New York Times hieß es, die Operation sei noch nicht beendet (Stand: Mittwoch 21.41 Uhr). Die rechtsradikale „Russian Volunteer Corps“ („Russische Freiwilligenkorps“) soll zusammen mit der „Legion Freiheit Russlands“ (eine gemäßigtere Einheit) zusammenkämpfen. Die Lage ist unübersichtlich. Niemand weiß, ob die Einheiten in offiziellem Auftrag der Ukraine handeln. Zeit Online verweist darauf, dass unter den russischen Angreifern Neonazis gesichtet wurden. Die Berichterstattung verweist auf russische Journalisten: „Russische Journalisten konnten mindestens zwei Angreifer aus dem Freiwilligenkorps identifizieren. Einer davon ist Alexej Lewkin, Gründer der Neonaziorganisation Wotanjugend und Sänger der rechtsextremen Band M8L8TH, was für ‚Hitlers Hammer‘ steht.“ Die taz bestätigte den Bericht.
Wie üblich machte das russische Verteidigungsministerium keine Angaben zu Verlusten oder Schäden auf russischer Seite. Dem Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, zufolge gab es in der Region „zahlreiche“ Angriffe der eingedrungenen Kämpfer durch Artilleriegeschütze, Mehrfach-Raketenwerfer und Drohnen gegen mehrere Orte. Demnach wurden neun Ortschaften evakuiert und zwölf Zivilisten verletzt.
Kämpfe in Belgorod: Kiew dementiert Beteiligung an der Aktion
Am Montag waren Kämpfe im Landkreis Graiworon an der Grenze zur Ukraine ausgebrochen. Laut Gladkow war ein „Spionage- und Sabotagetrupp“ in das Gebiet eingedrungen. Zu dem Angriff bekannten sich zwei aus russischen Staatsbürgern bestehende Freiwilligenkorps, die im Krieg in der Ukraine auf der Seite Kiews kämpfen. Der Sprecher des ukrainischen Geheimdienstes, Andrej Jusow, sagte am Montag gegenüber der Zeitung Suspilne, die „Legion Freiheit für Russland“ und das „Russische Freiwilligenkorps“ hätten eine „Mission zur Schaffung eines Sicherheitsstreifens zum Schutz der ukrainischen Zivilisten“ gestartet. Ziel sei es, den ständigen Beschuss ukrainischen Territoriums zu verhindern. Kiew dementierte eine Beteiligung an der Aktion.
Kreml-Sprecher Peskow: „Militärische Spezialoperation“ läuft weiter
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte vor Journalisten, die Angriffe seien „Anlass zu großer Sorge“, da „ukrainische Kämpfer“ ihre „Aktivitäten gegen unser Land“ fortsetzten. Kiew wiederum spricht von einer „internen Krise in Russland“. „In der Ukraine gibt es von der Abstammung her viele Russen, aber das sind trotzdem ukrainische Kämpfer“, sagte Peskow. Dagegen erklärte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar, es handle sich bei den Angreifern um „russische Patrioten“.
Peskow sagte, es seien nun „größere Anstrengungen“ Russlands nötig. Diese Anstrengungen fänden derzeit statt, die „militärische Spezialoperation“ laufe weiter, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederhole. Mit dem Ausdruck „militärische Spezialoperation“ bezeichnet der Kreml die Offensive in der Ukraine.
Der Angriff rufe „tiefe Besorgnis“ hervor, so Peskow. Aber Präsident Wladimir Putin werde wegen des Vorfalls keine Sondersitzung des nationalen Sicherheitsrats einberufen. Angaben zur Anzahl der Angreifer wollte Peskow nicht machen. Dies sei zu gegebener Zeit eine Frage an die Sicherheitsorgane, sagte er.
Putin äußert sich bislang nicht zu Angriff in Belgorod
Putin war nach Angaben Peskows am Montag über den Angriff in Belgorod informiert worden. Der russische Präsident äußerte sich bisher persönlich nicht dazu, sprach bei einer Ordensverleihung im Kreml am Dienstag jedoch allgemein über die Lage im Ukraine-Konflikt. „Ja, Russland steht vor schwierigen Zeiten, aber heute ist ein besonderer Moment für unsere nationale Konsolidierung“, sagte Putin. Er bekräftigte zudem seine Äußerung, dass Moskau die russische Bevölkerung im ukrainischen Donbass verteidige.




