Ukraine-Krieg

AKW Saporischschja in der Ukraine: Moskau versetzt Reaktor in Warmzustand

Russland hat einen Reaktor des Atomkraftwerks Saporischschja in den Warmzustand versetzt. Zuvor wurde bekannt, dass die Atom-Behörde Minen um das Gebiet gefunden hat.

Ein russischer Soldat bewacht einen Bereich des Kernkraftwerks Saporischschja. 
Ein russischer Soldat bewacht einen Bereich des Kernkraftwerks Saporischschja. notcredited/AP

Im verminten Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine haben die russischen Besatzungstruppen zur Reparatur eines Reaktors einen anderen Reaktor in den Warmzustand versetzt. Der Block Nummer fünf müsse wegen technischer Wartungsarbeiten in den Kaltzustand heruntergefahren werden, teilte die Kraftwerksleitung am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Um den Bedarf an Dampf der Anlage zu decken, sei Reaktor Nummer vier dafür in den Warmzustand versetzt worden. Kiew hat diesen Schritt bereits als gefährlich kritisiert.

„Solche Handlungen sind ein grober Verstoß gegen die Lizenzbedingungen zum Betrieb dieser Atomanlage. Derzeit darf der Betrieb des Blocks Nummer vier im AKW Saporischschja ausschließlich im Kaltzustand erfolgen“, hieß es in einer Stellungnahme des ukrainischen Atomenergiekonzerns Enerhoatom. Grund für die Befürchtungen sei, dass der Block lange nicht betrieben und in der Zeit weder gewartet noch repariert worden sei.

Saporischschja gilt offiziell als heruntergefahren

Offiziell gilt das Kraftwerk weiter als heruntergefahren. Auch im Warmzustand produzieren die Reaktorblöcke keinen Strom, sondern lediglich Dampf. Heruntergefahren wurde die Anlage bereits im September 2022.

Das mit einer Leistungsfähigkeit von knapp sechs Gigawatt potenziell größte Atomkraftwerk Europas wurde kurz nach Beginn von Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine von russischen Truppen besetzt. Mehrfach geriet es unter Beschuss, worauf international die Sorge vor einem Atomunglück stieg. Beide Kriegsparteien werfen sich gegenseitig immer wieder vor, einen Vorfall am AKW provozieren zu wollen. Erst am Montag hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) den seit Wochen von Kiew geäußerten Vorwurf, die Anlage sei von den Russen vermint worden, bestätigt.

IAEA-Chef: Minen befinden sich in „Sperrgebieten“

 Wie IAEA-Chef Rafael Grossi am erklärte, entdeckten Mitarbeiter seiner Behörde bei Inspektionen am Sonntag „einige Minen in einer Pufferzone zwischen der inneren und äußeren Umzäunung der Anlage“. Die Sprengsätze befinden sich demnach in „Sperrgebieten“, zu denen das Betriebspersonal der Anlage keinen Zugang hat.

Angaben zur Anzahl der Minen auf dem Kraftwerksgelände machte Grossi nicht. Ihm zufolge geht die IAEA in einer ersten Einschätzung aber davon aus, dass eine Detonation „die Sicherheits- und Sicherungssysteme der Atomanlage nicht beeinträchtigen dürfte“.

Ukraine verurteilt „sprengstoffähnliche Gegenstände“ auf Reaktordach

Das ukrainische Militär hatte den russischen Besatzern zuvor unter anderem vorgeworfen, „sprengstoffähnliche Gegenstände“ auf den Dächern zweier Reaktoren angebracht zu haben. Ihre Detonation solle „den Eindruck eines Beschusses von ukrainischer Seite“ erwecken. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte wiederum vor einem „subversiven Akt durch das Regime in Kiew“.

Das Auslegen von Sprengsätzen auf dem Gelände bezeichnete Grossi nun als „unvereinbar mit den IAEA-Sicherheitsstandards und den Leitlinien für nukleare Sicherheit“. Ein solches Vorgehen erhöhe zudem den psychologischen Druck auf das Personal, erklärte Grossi.

AKW Saporischschja sorgt immer wieder für Besorgnis

In der vergangenen Woche hatte die IAEA erklärt, ihre Experten hätten die Anlage besichtigt, ohne dabei Hinweise auf Minen gefunden zu haben. Allerdings habe die Behörde noch immer keinen Zugang zu den Dächern der Reaktorgebäude und ihrer Turbinenhallen erhalten, hieß es in der aktuellen Erklärung.

Die Lage am AKW Saporischschja hatte Anfang des Monats international große Besorgnis ausgelöst. Nach wiederholten Warnungen Russlands und der Ukraine vor angeblichen Angriffsplänen der jeweils anderen Seite forderte die IAEA Anfang Juli erweiterten Zugang zu der Anlage, um zu überprüfen, ob sich Minen oder Sprengstoff auf dem Kraftwerksgelände befinden.