Russland plant offenbar „eine entscheidende strategische Aktion“, um im Ukraine-Krieg wieder die Oberhand zu gewinnen. Das geht aus einer Analyse des US-amerikanischen „Institute for the Study of War“ (ISW) hervor. Fast ein Jahr nach Kriegsbeginn hat Russland seine Ziele in der Ukraine nicht erreicht. So ist es den russischen Streitkräften nicht gelungen, Kiew oder Donezk und Luhansk einzunehmen, die Gewinne in der Region Charkiw oder der strategisch wichtigen Stadt Cherson zu halten.
Die US-Expertinnen und Experten haben in einer aktuellen Analyse fünf Anzeichen identifiziert, wie Russland versuchen könnte, wieder die Initiative zurückzuerlangen.
1. Kreml will die Truppen kurz- und langfristig aufstocken
Der Kreml intensiviert der Studie zufolge sowohl die kurz- als auch die langfristigen Bemühungen zur Streitkräfteaufstockung. Putin und das russische Verteidigungsministerium haben Pläne angekündigt, das konventionelle russische Militär durch die Bildung neuer Divisionen, die Wiedereinführung von Militärbezirken in Westrussland aus der Zeit vor 2010 und die Anhebung des Wehrpflichtalters drastisch zu erweitern – all dies deute auf die russische Absicht (wenn auch wahrscheinlich nicht auf die tatsächliche Fähigkeit) hin, das russische Militär so zu reformieren, dass es groß angelegte konventionelle Kriegshandlungen durchführen kann.
2. Gezielte Einsparung von militärischem Personal
Das russische Militär spart offenbar mobilisiertes Personal für künftige Einsätze ein. Das stellt eine Abkehr vom ursprünglichen Ansatz des Kremls im Herbst 2022 dar, wonach unausgebildete Kräfte an die Front geschickt werden sollten. Putin erklärte am 7. Dezember, dass die russischen Streitkräfte noch nicht das gesamte mobilisierte Personal der ersten Mobilisierungswelle an die Front geschickt hätten, da sie „wahrscheinlich Zeit brauchen, um diese Kräfte für einen späteren, konzentrierten Einsatz auszubilden und auszurüsten“, heißt es in der ISW-Analyse.
3. Erstarken der Rüstungsindustrie
Putin hat im Dezember mehrere Treffen mit hochrangigen Unternehmen der Rüstungsindustrie abgehalten. Die Armee soll nun mit neuem Material versorgt werden. Putin räumte dem Bericht nach öffentlich Probleme bei der Versorgung ein, wie zum Beispiel das Fehlen von Aufklärungsdrohnen, und forderte einen seiner Minister auf, staatliche Beschaffungsaufträge für Verteidigungsgüter innerhalb eines kürzeren Zeitraums als geplant zu erteilen. Putin und andere Kremlbeamte haben laut den Expertinnen und Experten auch vage Überlegungen angestellt, dass die russischen Behörden Eigentum verstaatlichen könnten, um die russischen Kriegsanstrengungen zu unterstützen.
NEW: Tonight's abbreviated campaign assessment from ISW and @criticalthreats focuses on #Russia’s likely preparation to conduct a decisive strategic action in 2023 intended to end #Ukraine’s string of operational successes and regain the initiative. https://t.co/6Dy4JodEN2 pic.twitter.com/zfNNSHh7IO
— ISW (@TheStudyofWar) January 16, 2023
4. Zentralisierung der Kommandostruktur
Putin hat die Kontrolle über die Kriegsführung in der Ukraine wieder dem Verteidigungsministerium unterstellt und Russlands ranghöchsten Offizier in Uniform, Generalstabschef Valery Gerassimow, zum Oberbefehlshaber ernannt. Dem Bericht nach wurden auch die ursprünglichen Planer des Krieges wieder eingesetzt. Der Kreml beabsichtige wohl, dass Gerassimow und seine neu ernannten Stellvertreter Russland sowohl auf einen längeren Krieg vorbereiten als auch das Kommando über einen Großeinsatz im Jahr 2023 übernehmen.
5. Propaganda-Offensive


