Ukrainekrieg

„Wir werden gehasst werden“: Ukraine beschließt Steuererhöhung zur Finanzierung des Krieges

Das ukrainische Parlament hat die erste größere Steuererhöhung seit Beginn des russischen Angriffskrieges verabschiedet. Es gibt Kritik – doch einige fordern drastischere Maßnahmen.

Ukraine, Kiew: Arbeiter montieren Raybird-Langstrecken-Überwachungsdrohnen.
Ukraine, Kiew: Arbeiter montieren Raybird-Langstrecken-Überwachungsdrohnen.Efrem Lukatsky/AP

Das Parlament der Ukraine hat die erste größere Steuererhöhung seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges verabschiedet. 247 der 324 Abgeordneten der Werchowna Rada stimmten am Donnerstag für den Gesetzentwurf. Dieser umfasst unter anderem eine allgemeine Erhöhung der seit 2014 bestehenden Kriegssteuer von 1,5 auf 5 Prozent, höhere Steuern für Einzelunternehmer und kleine Unternehmen und eine Steuer von 50 Prozent auf die Gewinne von Banken. Die Steuererhöhung soll dazu beitragen, die für dieses Jahr geplante Erhöhung der Militärausgaben um elf Milliarden Euro zu finanzieren.

Die New York Times zitiert Oleksij Mowtschan, einen Abgeordneten aus der Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj, der im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf sagte: „Wir werden gehasst werden, aber wir haben keine andere Wahl. Es geht um unser Überleben in diesem Krieg.“ Die amerikanische Tageszeitung geht davon aus, dass Selenskyj nach seiner Rückkehr aus den europäischen Hauptstädten in die Ukraine „sich möglicherweise dem Zorn seiner Bevölkerung wegen der Steuererhöhung stellen muss – eine unpopuläre Maßnahme in jedem Land, aber besonders in einem Land, dessen Wirtschaft durch den Krieg verwüstet wurde“.

Korruption in der Ukraine: Werden die Steuereinnahmen das Militär erreichen?

Der Oppositionsabgeordnete Oleksij Gontscharenko, einer der schärfsten Kritiker der Regierung, sprach von einer „schändlichen Entscheidung“ des Parlaments, da die Steuererhöhungen alle ukrainischen Bürger beträfen. Zudem beklagte Gontscharenko, dass die höheren Steuern rückwirkend zum 1. Oktober eingeführt würden.

Die im Februar 2022 von Russland begonnene Invasion hat dem ukrainischen Staat finanziell schwer zugesetzt. Das Land, das bereits vor dem Krieg zu den ärmsten Ländern Europas zählte, hat sich weitgehend auf Kriegswirtschaft eingestellt und plant für 2025 mit Militärausgaben in Höhe von 60 Prozent des Gesamthaushalts, die zusätzlich von 34,5 Milliarden Euro an internationalen Finanzhilfen gestützt werden sollen. 

Die New York Times geht davon aus, dass Selenskyj sich dem Zorn seiner Bevölkerung wegen der Steuererhöhung stellen muss.
Die New York Times geht davon aus, dass Selenskyj sich dem Zorn seiner Bevölkerung wegen der Steuererhöhung stellen muss.Kin Cheung/dpa

Laut New York Times teilen sowohl Gegner als auch Befürworter des Gesetzes die Befürchtung, dass die durch die Steuererhöhung generierten Einnahmen der Korruption zum Opfer fallen und nicht beim Militär ankommen könnten.

Gleichzeitig gibt es Stimmen, die die Steuererhöhungen, die noch von Selenskyj ratifiziert werden müssen, für unzureichend halten. Der Leiter des Steuerausschusses der Rada, Daniil Getmantsew, sagte am Donnerstag, dass seiner Meinung nach alle Einkünfte außer Sozialleistungen besteuert werden müssten – auch Trinkgeld im Restaurant.