Geopolitik

USA sagen Treffen mit Taiwan ab – Sorge vor Verärgerung Chinas

Ein geplatztes Treffen sorgt für Unruhe in Taipeh. Die USA scheinen Rücksicht auf China zu nehmen – und stärken damit Spekulationen über Trumps neue Linie im Asienkonflikt.

Taiwans Verteidigungsminister Wellington Koo (M.) wurde von den USA ausgeladen.
Taiwans Verteidigungsminister Wellington Koo (M.) wurde von den USA ausgeladen.I-Hwa Cheng/AFP

Die US-Regierung hat ein geplantes Treffen mit Taiwans Verteidigungsminister Wellington Koo kurzfristig abgesagt – offenbar aus Sorge, die Annäherung an China im Rahmen neuer Handelsgespräche zu gefährden. Das berichten die Financial Times und die Washington Post unter Berufung auf mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen.

Koo wollte im Juni zu Gesprächen mit dem hochrangigen Pentagon-Vertreter Elbridge Colby in die Nähe von Washington reisen. Doch die USA sagten die Zusammenkunft überraschend ab. Offiziell hieß es, die Lage im Nahen Osten – insbesondere US-Schläge gegen Ziele im Iran – habe den Zeitpunkt ungünstig erscheinen lassen. Laut Financial Times (FT) spielten jedoch auch Überlegungen eine Rolle, das heikle Verhältnis zu Peking nicht zusätzlich zu belasten.

Rücksicht auf Xi Jinping?

Demnach befürchteten Regierungsvertreter in Washington, ein offizieller Besuch Koos könnte die laufenden Verhandlungen mit China stören und ein für den Herbst geplantes Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping gefährden. Einige Beobachter spekulieren, dass Trump nach einem Telefonat mit Xi dem Druck aus Peking teilweise nachgegeben haben könnte.

Ein US-Beamter erklärte gegenüber der FT, man diskutiere derzeit über eine neue Terminfindung – jedoch auf einem niedrigeren diplomatischen Niveau. Das hat in Taipeh die Sorge verstärkt, dass Washington Taiwan in sensiblen Fragen nicht mehr mit der bisherigen Rückendeckung begegnet. Ein formelles Treffen eines taiwanischen Verteidigungsministers in der Hauptstadtregion Washington wäre ohnehin ein diplomatischer Tabubruch – seit der Abkehr von der offiziellen Anerkennung Taiwans im Jahr 1979 hatte es einen solchen Termin nicht mehr gegeben.

Präsident Donald Trump (l.) trifft den chinesischen Präsidenten Xi Jinping während eines Treffens am Rande des G20-Gipfels.
Präsident Donald Trump (l.) trifft den chinesischen Präsidenten Xi Jinping während eines Treffens am Rande des G20-Gipfels.AP/dpa

Schwächere Position für Taiwans Präsident

Die Absage trifft Taiwans Präsident Lai Ching-te zu einem politisch heiklen Zeitpunkt. Wie die FT zudem berichtet, verweigerte das Weiße Haus Lai kürzlich auch die Durchreise über New York auf dem Weg nach Mittelamerika – offenbar nach einer Intervention der chinesischen Botschaft. In Taiwan selbst scheiterte unterdessen eine von Aktivisten initiierte Abwahlkampagne gegen mehrere Oppositionsabgeordnete der Kuomintang. Analysten sehen Lai dadurch innenpolitisch geschwächt.

„Die Entscheidung der USA wird seine Position im eigenen Land weiter schwächen“, sagte Amanda Hsiao vom Beratungsunternehmen Eurasia Group der FT.

Kritiker warnen vor Signal der Schwäche

In Washington und Taipeh wachse die Sorge, die US-Regierung sende mit der Absage ein falsches Signal an Peking. „Das ist sehr gefährlich“, warnte der China-Experte Evan Medeiros von der Georgetown University. Es untergrabe die Abschreckung gegenüber China und verunsichere taiwanische Entscheidungsträger.

Zwar bekräftigt Taiwan derzeit seine Verteidigungsbereitschaft – unter anderem durch ein geplantes 20-Milliarden-Dollar-Rüstungsgeschäft mit den USA, das 2026 realisiert werden soll. Doch Beobachter sehen auch hier Risiken, sollte Washington aus Rücksicht auf China weitere politische Zugeständnisse machen. Taiwan versucht zudem, ein bilaterales Zollabkommen mit den USA zu erzielen. Bis zum 1. August drohen ohne Einigung Zölle von 32 Prozent auf bestimmte Waren.

Neue Prioritäten in Washington

Gleichzeitig bemühen sich Trumps Spitzenvertreter um einen Neustart im Verhältnis zu China. Finanzminister Scott Bessent und US-Handelsbeauftragter Jamieson Greer führten in dieser Woche in Stockholm Gespräche mit ihren chinesischen Amtskollegen – beide Seiten bezeichneten die Verhandlungen als „konstruktiv“.

Ehemalige US-Regierungsmitglieder sehen laut FT in der Entwicklung einen Bruch mit früheren Strategien. „Taiwan hat heute nicht mehr die Fürsprecher in der Regierung, die es in der ersten Trump-Amtszeit noch hatte“, sagte der frühere CIA-Analyst Dennis Wilder der britischen Zeitung. Unter Trumps früheren Beratern wie Mike Pompeo oder Matt Pottinger sei die Unterstützung für Taiwan deutlich klarer gewesen – bis hin zur Forderung nach völkerrechtlicher Anerkennung.

Das Weiße Haus und das Pentagon lehnten eine Stellungnahme zur aktuellen Absage ab. Taiwans inoffizielle Vertretung in Washington erklärte, man kommentiere grundsätzlich keine militärischen Austauschformate.