Arbeitsmarkt

Studie: Familienfreundlichkeit bleibt Lippenbekenntnis vieler deutscher Firmen

Nur ein kleiner Anteil der Jobanzeigen verspricht Familienfreundlichkeit – obwohl fast alle Firmen sie wichtig finden. Die Details dazu.

Die Vereinbarkeit von Familie und Job ist in Deutschland nicht immer gegeben.
Die Vereinbarkeit von Familie und Job ist in Deutschland nicht immer gegeben.Julian Stratenschulte/dpa

Im Wettbewerb um Fachkräfte setzen Unternehmen in Deutschland nach Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung in ihren Stellenanzeigen zu selten auf Familienfreundlichkeit. Zwar betonen 86 Prozent der Firmen, dass ihnen familienfreundliche Maßnahmen wichtig seien. Doch im Jahr 2024 enthielten von rund acht Millionen ausgeschriebenen Stellen nur 16,4 Prozent ein entsprechendes Angebot, teilte die Stiftung in Gütersloh mit.

Ein klares Bekenntnis zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben findet sich demnach lediglich in 12 Prozent der Anzeigen, Unterstützung bei der Kinderbetreuung wird sogar nur in 2,7 Prozent versprochen. Grundlage ist eine Auswertung von zehn Millionen Stellenanzeigen, die seit 2018 veröffentlicht wurden.

Damit ließen viele Unternehmen nach Ansicht der Autoren eine wichtige Chance ungenutzt, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Auch flexible Arbeitszeiten werden oft nicht ausreichend hervorgehoben: Nur in 14 Prozent der Stellenanzeigen können Bewerber die Arbeitszeit selbst bestimmen, bei 25 Prozent wird zumindest eine flexible Verteilung der Wochenstunden ermöglicht.

Kaum Bekenntnis zur Familienfreundlichkeit in Stellenanzeigen

„Das Ja zur Familienfreundlichkeit fehlt in der Mehrzahl der Stellenanzeigen. Wer in Zeiten des Fachkräftemangels bestehen will, muss deutlich machen, dass ihm die flexible Arbeitsgestaltung zum Nutzen der Beschäftigten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Herzen liegen – und den Worten auch Taten folgen lassen“, sagt Eric Thode, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann-Stiftung.

Bei Jobs mit höherer Qualifikation wie einem Masterabschluss müssen Bewerber bei der Mobilität flexibler sein. Dafür zeigen sich die Arbeitgeber hier bei 21,4 Prozent der Stellenanzeigen familienfreundlicher. Auf dem Niveau von Helferjobs sind es nur 11,2 Prozent.

So werden Beschäftigte mit geringer und mittlerer Qualifikation benachteiligt

Auch bei Gestaltung der eigenen Arbeitszeit haben die besser Qualifizierten demnach mehr Freiheiten. 33 Prozent der Stellenanzeigen bieten flexiblere Arbeitszeiten an, bei Helferjobs ohne Ausbildung sind es nur 14 Prozent.

„Beschäftigte mit geringer und mittlerer Qualifikation werden klar benachteiligt“, sagt Mitautorin Michaela Hermann. Hier anzusetzen, wäre ein wichtiger Hebel, um gute Mitarbeiter zu finden und zu binden.