Seit Mitte 2024 ist die Zahl rechtsextremistischer Gruppen in Deutschland stark gestiegen. Binnen zwölf Monaten sind nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) mehrere rechte Jugendgruppen mit insgesamt mehreren hundert Anhängern entstanden. Sie würden teilweise auch nicht vor schweren Gewalttaten zurückschrecken und fielen zuletzt vermehrt durch Veranstaltungen, Straftaten und Störaktionen auf.
„Die Polizeibehörden aus Bund und Ländern beobachten seit etwa Mitte vergangenen Jahres, dass in der rechten Szene neue Jugendgruppen in Erscheinung getreten sind, die sich zunächst im virtuellen Raum gegründet haben“, teilte ein Sprecher des BKA mit. Die größte dieser Gruppen ist demnach „Jung und Stark“ mit einer Anhängerzahl im mittleren dreistelligen Bereich.
Schätzungsweise mehr als hundert Menschen fühlen sich der Gruppe „Deutsche Jugend Voran“ zugehörig. Zu den zahlenmäßig relevanten Vereinigungen zählt auch „Der Störtrupp“. Die Gruppe „Letzte Verteidigungswelle“ hatte kürzlich für Schlagzeilen gesorgt, als acht ihrer mutmaßlichen Mitglieder in Untersuchungshaft kamen. „Die Jugendgruppierungen sind bundesweit vernetzt und setzen sich aus verschiedenen regionalen Ablegern zusammen“, sagte ein BKA-Sprecher.
24-Jähriger in Berlin wegen Angriffen verurteilt
Um neue Mitglieder zu rekrutieren würden Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube genutzt. Dass sich soziale Aktivitäten mit der Corona-Pandemie stark in den digitalen Raum verlagert hätten, habe dem BKA-Sprecher zufolge extremistischen Akteuren eine „gute Andockstelle“ für die Verbreitung ihrer Ideologie verschafft.
Dabei wurde den Angaben zufolge zuletzt vor allem für Gegendemonstrationen zu Christopher-Street-Day-Veranstaltungen und für Aktionen, die sich gegen „Demos gegen rechts“ richten, mobilisiert. Polizeilich seien Mitglieder dieser Gruppen bislang mit Propagandadelikten und Gewalttaten in Erscheinung getreten.
In einem Berliner Prozess wurde zuletzt ein 24-Jähriger zu einer Haftstrafe verurteilt, nachdem er gemeinsam mit weiteren mutmaßlichen Neonazis Menschen attackiert hatte, die Kleidung mit „Antifa“-Emblemen trugen. Nach Einschätzungen der Sicherheitsbehörden in Berlin und Brandenburg hat er eine leitende Funktion in der Gruppe „Deutsche Jugend Voran“.
Der Verfassungsschutz beobachtet zudem bei der Nachwuchsorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) einen deutlichen Zuwachs sowohl der Anhängerschaft als auch des Aktivitätsniveaus. „Ein gewaltsamer Übergriff auf den sächsischen Spitzenkandidaten der SPD im Europawahlkampf durch Angehörige und Personen aus dem Umfeld des Dresdener JN-Stützpunkts ‚Elblandrevolte‘ unterstreicht die Radikalität in Teilen des Jugendverbands“, heißt es in dem Bericht.
Feindbilder sind LGBTQ-Community und Zuwanderer
Die Bundesanwaltschaft hatte im Mai zudem fünf Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Hessen festgenommen. Die Gruppe „Letzte Verteidigungswelle“ soll Anschläge auf Asylunterkünfte und linke Einrichtungen verüben wollen oder geplant haben.
Zu den Feindbildern der neuen rechten Jugendgruppen zählen neben als „politische Gegner“ identifizierten Menschen unter anderem die LGBTQ-Community sowie Zuwanderer. Bei einzelnen Gruppen spiele „Ausländerfeindlichkeit“ eine Rolle und auch die Verwendung von Symbolik des Nationalsozialismus, sagte ein BKA-Sprecher. Antisemitismus sei bei den rechten Jugendgruppen jedoch insgesamt „kein prägendes Element“.


