Zur Entlastung einkommensschwacher Bürgerinnen und Bürger bei den hohen Energiepreisen plant die Bundesregierung eine „große Wohngeldreform“.
Die Reform solle „Anfang des nächsten Jahres“ den Kreis der berechtigten Haushalte ausweiten und eine „Heizkostenpauschale gewissermaßen dauerhaft integrieren“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag in Berlin. „Ganz besonders“ sollten davon Rentnerinnen und Rentner profitieren. Sie machen einen großen Teil der Wohngelbeziehenden aus. Der Kanzler sagte: „You'll never walk alone“ – man werde niemanden alleine lassen.
Er verwies dabei auf die bisherigen Entlastungspakete im Volumen von rund 30 Milliarden Euro. Die Bundesregierung sei sich aber einig, „dass wir auch dauerhaft weitere Entlastungen auf den Weg bringen müssen“.
Verpflichtet habe sich die Regierung auch dazu, „für die Studenten etwas zu tun“. Bei ihren Unterstützungsmöglichkeiten sollten gleichfalls Heizkostenzuschüsse einbezogen werden, sagte der Kanzler. „Ganz wichtig“ werde auch sein, dass das Bürgergeld wie von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigt „definitiv“ zum 1. Januar komme. Das Bürgergeld soll Hartz IV (Arbeitslosengeld II) ablösen.
Olaf Scholz kündigt Preiserhöhungen für Gaskunden an
Scholz stellte die Pläne bei einer Pressekonferenz zum Einstieg des Bundes beim angeschlagenen Energiekonzern Uniper vor, der Strom und Gas an Großhandelskunden wie Stadtwerke und Industrieunternehmen verkauft. Damit Uniper eine Perspektive habe, müsse das Unternehmen die steigenden Einkaufspreise weitergeben können, sagte Scholz. Dies sei bisher zum 1. Oktober geplant, vielleicht auch schon früher zum 1. September.
Mit der Umlage soll der Versorger Uniper Preissteigerungen weitergeben und damit finanziell wieder Luft bekommen. Uniper hatte staatliche Hilfen beantragt. Das Unternehmen muss wegen der Drosselung der russischen Lieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 teureres Gas auf dem Markt einkaufen, um Verträge zu erfüllen. Das führt zu Geldproblemen.
Damit würden die Gaspreise für die Endverbraucher steigen, sagte Scholz. Es könne sein, dass deshalb eine vierköpfige Familie 200 bis 300 Euro mehr pro Jahr zahlen müsse. Mit weiteren Entlastungen wolle die Regierung verhindern, „dass einzelne die ganze Wucht spüren, sondern dass wir das auf unsere gemeinsamen Schultern verteilen“.
Wohngeld erhielten im Jahr 2020 laut Statistischem Bundesamt bereits 618.165 Haushalte. Das waren 1,5 Prozent aller privaten Haushalte in Deutschland, die Hauptwohnsitz sind. Im Jahr 2020 lagen die Ausgaben von Bund und Ländern für Wohngeld bei 1,3 Milliarden Euro.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann begrüßte die Wohngeldreform. Angesichts der weiter angespannten Lage am Gasmarkt bräuchten Menschen mit kleinen Renten und Einkommen Unterstützung. „Deshalb braucht es weitere Entlastungen.“
Kritik kam aus der Unionsfraktion. Deren energiepolitischer Sprecher Andreas Jung warf Scholz vor, die Mitte der Gesellschaft mit den hohen Energiekosten alleinzulassen. Den Heizkostenzuschuss solle es „weiter lediglich für Wohngeldempfänger geben“, sagte er der Augsburger Allgemeinen vom Samstag. „Wer aber auch nur etwas mehr verdient, geht schon leer aus.“
Linksfraktion: Heizkosten bei Wohngeld einbeziehen
Die Linksfraktion im Bundestag erklärte, es sei „höchste Zeit, beim Wohngeld die Heizkosten einzubeziehen“. Eine Wohngeldreform müsse dafür sorgen, „dass kein Haushalt mehr als 30 Prozent des Einkommens für die warme Miete ausgeben muss“, betonte die wohnungspolitische Sprecherin Caren Lay. „Anträge müssen stark vereinfacht und jährlich fortgeschrieben werden.“




