Ostsee

Schattenflotte: Dänemark will Schiffe beschlagnahmen – Russland warnt vor Konfrontation

Dänemark will Tanker der russischen Schattenflotte stoppen. Russlands Botschafter warnt vor „direkter Konfrontation“ in der Ostsee.

Ein estnisches Marineschiff fährt in der Ostsee im Rahmen verstärkter Nato-Patrouillen in der Region nach einem mutmaßlichen Sabotageakt an Unterseekabeln.
Ein estnisches Marineschiff fährt in der Ostsee im Rahmen verstärkter Nato-Patrouillen in der Region nach einem mutmaßlichen Sabotageakt an Unterseekabeln.Hendrik Osula/AP/dpa

Vor dem Hintergrund der jüngsten EU-Sanktionen gegen Russlands sogenannte Schattenflotte hat Moskau vor einer Eskalation in der Ostsee gewarnt. Dänemark, Estland und weitere Länder prüfen derzeit strengere Maßnahmen gegen nicht registrierte und technisch mangelhafte Tanker, die trotz der Sanktionen weiterhin in internationalen Gewässern unterwegs sind.

Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen kündigte nun an, Vertreter der Anrainerstaaten sowie Großbritanniens und der Niederlande zu einem Treffen einzuladen. Ziel sei es, rechtliche Möglichkeiten zur Beschlagnahmung von Schattenflottenschiffen auszuloten. Diese Schiffe gelten ihm zufolge als sicherheitspolitisches und ökologisches Risiko – insbesondere dann, wenn sie ohne Flaggenstaat und mit unzureichender Versicherung unterwegs sind.

„Wir haben bereits erhebliche Maßnahmen ergriffen, um diese Schiffe zu kontrollieren. Jetzt müssen wir prüfen, ob weitere Schritte notwendig sind, um eine effektive Eindämmung zu erreichen“, sagte Rasmussen gegenüber dem Sender TV 2. Konkretes Ziel seien die „schlimmsten Fälle“ – also Schiffe, die in so schlechtem Zustand sind, dass sie eine akute Umweltgefahr darstellen, oder solche, die als „staatenlos“ gelten.

Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen will weitere Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte ergreifen.
Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen will weitere Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte ergreifen.Liselotte Sabroe/dpa

Russischer Botschafter spricht von „Piraterie“

Russland bewertet jegliche Eingriffe in die Tankertransporte als Provokation. In einer Stellungnahme gegenüber TV 2 bezeichnete der russische Botschafter in Dänemark, Wladimir Barbin, die diskutierten Maßnahmen als völkerrechtswidrig und verglich sie mit „Piraterie“. Der Westen bereite eine „direkte Konfrontation“ im Ostseeraum vor, so Barbin. Zudem warnte er vor einer „unkontrollierten Entwicklung“ der Lage.

Der Diplomat weist die Argumente Dänemarks als „heuchlerisch“ zurück. Die Sorge um das maritime Ökosystem sei vorgeschoben, erklärte Barbin. Der Versuch, die Verantwortung für die angespannte Lage in der Ostsee auf Russland abzuwälzen, sei unbegründet.

EU-Sanktionen gegen Schattenflotte ausgeweitet

In den vergangenen Monaten kam es bereits zu Versuchen, verdächtige Schiffe zu stoppen. So wurde im April ein nicht registriertes Tankerschiff in Estland festgesetzt. Polen reagierte jüngst auf ein russisches Schiff in der Nähe sensibler Unterseekabel mit dem Einsatz von Militärflugzeugen und einem Kriegsschiff.

Die EU hat vergangene Woche ihr 17. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Diese Sanktionen richten sich gegen fast 200 Schiffe der russischen Schattenflotte, mit der Moskau das im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängte Öl-Embargo umgeht. Insgesamt sind damit nun rund 350 Schiffe mit Sanktionen belegt. Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine verhängte die EU Einreiseverbote und fror die Vermögenswerte von mehr als 2400 Menschen und Organisationen ein, darunter Putin. Zudem wurde ein nahezu komplettes Importverbot russischen Rohöls verhängt, und mehr als 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank wurden eingefroren.