Wegen der angeblichen Schließung eines russischen Senders in Deutschland weist Moskau zwei ARD-Journalisten aus Russland aus. Wie die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Mittwoch mitteilte, ist dies eine Vergeltungsmaßnahme für das von den deutschen Behörden verhängte „Arbeits- und Aufenthaltsverbot“ für die Korrespondenten des russischen Senders Perwy Kanal (Erster Kanal) in Deutschland. Als „Antwort“ darauf würden entsprechende Maßnahmen gegen die Journalisten des Moskauer Büros der ARD ergriffen. Betroffen sind der Korrespondent Frank Aischmann und der technische Mitarbeiter Sven Feller, wie Sacharowa erklärte.
Zuvor war Perwy Kanal (Kanal Eins) nach eigenen Angaben angewiesen worden, sein Büro in Berlin zu schließen. Korrespondent Iwan Blagoy und Kameramann Dmitri Wolkow seien aufgefordert worden, Deutschland innerhalb weniger Tage zu verlassen. „In der ersten Dezemberhälfte müssen Iwan Blagoy und Dmitri Wolkow das deutsche Staatsgebiet verlassen. Die Entscheidung ist durch die sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland begründet“, teilte Blagoy selbst mit.
Die Bundesregierung wies den Vorwurf der Schließung eines russischen TV-Senders zurück. „Die russischen Behauptungen sind falsch, die Bundesregierung hat das Büro nicht geschlossen“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. Er könne „nur mutmaßen“, dass es sich um eine aufenthaltsrechtliche Maßnahme der Landesbehörden gehandelt habe.
Berliner Senat bestätigt entzogene Aufenthaltserlaubnis
Auf Anfrage der Berliner Zeitung bestätigte die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, dass Blagoy und Wolkow die Aufenthaltserlaubnis versagt worden sei. Ihr Sender ist nach Angaben des Landesamts für Einwanderung Teil der Medienholding National Media Group, das im 9. Sanktionspaket der EU vom 16. Dezember 2022 gelistet sei. Die Bescheide seien bereits am 22. November auf Grundlage bundesdeutschen Rechts erfolgt, wonach eine Aufenthaltsgenehmigung versagt werden kann, wenn „der Aufenthalt des Ausländers aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet“. Im Zusammenhang unter anderem mit den Sanktionspaketen der EU gegen Russland betraf dies in den vergangenen Monaten in Berlin fünf Menschen. Gegen die Bescheide gegen Wolkow und Blagoy seien noch Rechtsmittel möglich.
Nach Angaben des Korrespondenten von Perwy Kanal wurde er am Dienstag über die Entscheidung informiert. Grund sei ihm zufolge ein Bericht des Senders über die Verhaftung eines deutschen Staatsbürgers in Russland gewesen. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte behauptet, die festgenommene Person sei an einer Explosion in einer Gasverteilungsstation in Kaliningrad beteiligt gewesen. Die Berliner Zeitung berichtete auch darüber.
Russisches Außenministerium: Weiterer unfreundlicher Schritt der deutschen Behörden
Der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko sprach am Mittwochmorgen vor Journalisten von einem „weiteren unfreundlichen Schritt der deutschen Behörden“ und einer „groben Verletzung aller Grundprinzipien der internationalen Kommunikation, zu denen auch die Achtung der Redefreiheit und des Rechts auf Zugang zu Informationen gehört“.
Perwy Kanal wird vom russischen Staat kontrolliert. Sergej Naryschkin, ehemaliger Stabschef von Putin, ist der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Senders. Der Sender machte weltweit Schlagzeilen, als seine Journalistin Marina Owsjannikowa gegen den Krieg in der Ukraine protestierte. Kurz nach Kriegsbeginn hatte Owsjannikowa für großes Aufsehen gesorgt, als sie mitten in einer Live-Nachrichtensendung ins Bild sprang und ein Protestplakat hochhielt. Im Oktober 2023 war sie in Russland zu achteinhalb Jahren Straflager verurteilt worden. Ein Gericht in Moskau befand sie in Abwesenheit der angeblichen Verbreitung von Falschmeldungen über die russische Armee für schuldig.
