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Reaktionen auf Wutausbruch von Clemens Meyer: „Man muss sich nicht immer im Griff haben“

Wir haben Leser der Berliner Zeitung gefragt, wie sie den Wutausbruch von Clemens Meyer bewerten, der den Buchpreis nicht bekommen hat. Die Reaktionen. 

Der Schriftsteller Clemens Meyer
Der Schriftsteller Clemens MeyerAndreas Arnold/dpa

Der Schriftsteller Clemens Meyer hat eine Literaturdebatte ausgelöst, weil er öffentlich die Jury des Deutschen Buchpreises angegriffen hat. Sie hat sich bei der Preisvergabe des Deutschen Buchpreises nicht für ihn, sondern für eine Autorin entschieden. Clemens Meyer stand auf der Shortlist des Buchpreises, der im Rahmen der Frankfurter Buchmesse vergeben wird, mit dem Roman „Die Projektoren“, ein 1.000 Seiten langes Buch, an dem er, laut eigenen Aussagen, zehn Jahre lang gearbeitet hatte. Stattdessen hat den Preis Martina Hefter für ihr Werk „Hey guten Morgen, wie geht es Dir“ bekommen. Sie ist Westdeutsche, lebt aber wie der Ostdeutsche Clemens Meyer in Leipzig. Meyer hat geflucht bei der Verkündung der Preisträger und gesagt, die Verleihung des Buchpreises an Hefter sei Verrat an der Literatur. Wie bewerten Leser der Berliner Zeitung den Vorgang? Ein Auszug aus aktuellen Leserbriefen.


Zu glauben, er habe den Preis „verdient“, weil er Geldsorgen hat; anzunehmen, er hätte den Preis bekommen müssen, weil er dies besser als die Jury einschätzen kann; zu meinen, ihm stehe der Preis zu, weil er lange daran gearbeitet hat; öffentlich zu rebellieren, weil er sich für den Besten hält... Menschlich vielleicht nachvollziehbar, aber mit dieser Wortwahl – als Mann der Worte? Öffentlich – als Mensch der Öffentlichkeit? Oder steckt dahinter unter Umständen das Kalkül „Only bad news are good news“? Ein Hilfeschrei oder Bärendienst an der Literatur? Mir ist die Neugier auf das Buch vergangen, weil es sich für mich wie Verrat an seinem eigenen Verstand anfühlt. Ich denke, der potentielle Lesegenuss würde vermutlich immer wieder von Gedanken und Fragen gestört, z. B. der, wie ein solcher Mann zu solchen Gedanken und Sätzen fähig ist. Nein danke, keine Lust auf Gedankenknoten. Und dies ist ein Beispiel mehr, wie weit mitunter Begabungen und Befähigungen von echter Persönlichkeit entfernt sind. Zudem zeigt sich daran, wie unterentwickelt der sachlich respektvolle Umgang mit anderen Meinungen in unserer Gesellschaft sogar in Kreisen der sog. geistigen Eliten ist. Einfach nur ein Trauerspiel ... S. aus E., befremdet, betroffen, besorgt.

Liebe Redaktion! Die Reaktion des o.g. Autors ordne ich (wohlwollend) als absoluten Ausbruch und Ausdruck von Enttäuschung und Druck ein. Etwas peinlich finde ich ihn auch – wie kommt jemand auf die Idee, sich selbst für den einzig zu Würdigenden zu halten!? Allerdings widert mich die Reaktion des Ilko-Sascha Sowieso (...) extrem an!! Arrogant ohne Ende – wen interessiert denn bitte dieser Salomon, getarnt als Anteilnahme (?!) für den Autor und als Sprachrohr für die „arme Autorin“!? (...)“

Mit freundlichen Grüßen
T. G.

Guten Abend! Wie bewerte ich die Reaktion? Menschlich. Er war in dem Moment persönlich betroffen und getroffen im Wortsinne. Man muss sich nicht immer „im Griff oder unter Kontrolle haben“ (können)…, um andere möglichst nicht emotional zu verletzen. Die Urteilenden stehen außen und können bequem und unbetroffen, mit Abstand und Überlegung, formulieren, beurteilen, verurteilen usw. Ich bin sicher, wehe man läuft denen in Gedanken vors Fahrrad oder Auto, erlebt man auch direkte und ungezügelte Emotionen. Social Media macht Viele zum besten ihrer Ichs und viele zu Erhabenen. Ist schon lange kein Social mehr. Gute Nacht. K. H.

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