Polen

Polen: PiS wählt parteilosen Historiker zum Präsidentschaftskandidaten

Polens nationalkonservative Oppositionspartei PiS hat ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl 2025 bekanntgegeben. Zuvor hatte ein Leck für Häme gesorgt.

Der parteilose Historiker Karol Nawrocki ist der Präsidentschaftskandidat der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS.
Der parteilose Historiker Karol Nawrocki ist der Präsidentschaftskandidat der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS.Lukasz Gagulski/dpa

Der parteilose Historiker Karol Nawrocki, Vorsitzender des Instituts für Nationales Gedenken, ist der Kandidat der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS für die Präsidentschaftswahlen 2025. Dies wurde bei einer Veranstaltung am Sonntagnachmittag in der Stadt Krakau bekannt gegeben. Der 41-jährige Nawrocki, der noch bis heute den meisten Polen unbekannt war, wird im Mai gegen Rafał Trzaskowski, den charismatischen Oberbürgermeister von Warschau antreten, der am Samstag zum Präsidentschaftskandidaten von Donald Tusks liberalkonservativer Bürgerkoalition (PO) gewählt wurde.

„Wir haben uns für einen parteilosen, unabhängigen Kandidaten entschieden“, sagte Parteichef Jarosław Kaczyński bei der Veranstaltung. Nawrocki leitet seit 2021 das Institut für Nationales Gedenken, das sich schwerpunktmäßig mit der Auswertung und Verwaltung der Akten der Geheimdienste aus kommunistischer Zeit befasst. „Polen ist meine große Liebe, deshalb bin ich bereit, Präsident zu werden“, sagte Nawrocki nach der Nominierung.

Der promovierte Historiker wuchs in einem alten Mietshaus im Danziger Arbeiterviertel Siedlce auf. Als junger Mann holte er einen Titel im Amateurboxen und spielte Fußball im Verein. Während des Studiums jobbte er als Türsteher in einem Luxushotel im Ostseebadeort Sopot. Aus dieser Zeit werden ihm gute Kontakte zum Rotlichtmilieu nachgesagt – seine politischen Gegner könnten das im Wahlkampf ausspielen. In der Politik hat Nawrocki keine Erfahrung, er hat weder Ämter bekleidet noch sich um solche beworben. Sein Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit ist gering. Nach Berichten polnischer Medien soll Parteichef Kaczynski aber gerade das als Vorteil gesehen haben.

„Es handelt sich NICHT um eine Parteiveranstaltung“

Stunden vor der Bekanntgabe sorgte der PiS-Abgeordnete Jan Mosiński für Spott, als er in den sozialen Medien versehentlich die Anweisungen seiner Partei an ihre Mitglieder im Zusammenhang mit der Veranstaltung in Krakau veröffentlicht hat. In einem Beitrag auf der Internetplattform X heißt es: „Unser Kandidat ist ein unabhängiger Kandidat, der die nationale Harmonie aufbaut, im Gegensatz zu einem linksextremen PO-Aktivisten, der Menschen mit anderen Ansichten nicht respektiert.“ Dabei bezog er sich vermutlich auf PO-Kandidat Trzaskowski, der sich für die Rechte der LGBT*-Gemeinschaft einsetzt und Kruzifixe in Warschauer Amtsstuben verbieten ließ.

Der nächste Teil seines Beitrags war jedoch offensichtlich nicht zur Veröffentlichung bestimmt. „Wir bitten Sie, in den Medien zu betonen, dass es sich bei dem Treffen in Krakau um ein bürgerschaftliches, soziales Treffen handelt, zu dem sich jeder über die Büros der Abgeordneten anmelden kann.“ Und weiter: „Es handelt sich NICHT um eine Parteiveranstaltung, sondern um einen Bürgerkongress!“.

Der Beitrag wurde bald wieder vom Netz genommen, allerdings nicht bevor er dem Abgeordneten den Spitznamen „Kopieren und Einfügen“ einbrachte. Zusammen mit der Wahl von Nawrocki als Kandidat wurde auch deutlich, dass die PiS von Jarosław Kaczyński versuchen wird, einen vereinheitlichenden Ansatz zu verfolgen, um eine weitere Wahlniederlage zu vermeiden. Laut Umfragen, die noch vor der Wahl der Kandidaten durch die PiS und die Bürgerplattform von Tusk durchgeführt wurden, würde Trzaskowski, wenn die Präsidentschaftswahlen jetzt stattfinden würden, mit großem Vorsprung gewinnen, egal wer sein Gegner wäre. (mit dpa)