Einer polnischen Ärztin droht eine Gefängnisstrafe in ihrem Land, weil sie Frauen bei illegalen Abtreibungen geholfen haben soll. Am Donnerstag begann der Gerichtsprozess gegen die Frau unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie ein Sprecher des Gerichts in Stettin mitteilte.
Die Staatsanwaltschaft hatte der Ärztin Maria Kubisa im November „Unterstützung einer schwangeren Frau bei einem Schwangerschaftsabbruch“ in fünf Fällen vorgeworfen. Sie soll demnach Abtreibungspillen verabreicht haben. Kubisa bestreitet die Vorwürfe. „Der Terror gegen Frauen geht weiter“, sagte sie der Zeitung Gazeta Wyborcza. Die Ärztin hat außer in Stettin auch in Prenzlau in Brandenburg eine Niederlassung, wo sie legal Abtreibungen vornimmt.
Tusk-Regierung versucht strenges Abtreibungsrecht zu lockern
Die seit einem Jahr regierende Mitte-Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk versucht bisher erfolglos, das von der nationalkonservativen Vorgängerregierung der PiS-Partei umgesetzte nahezu vollständige Abtreibungsverbot zu lockern.
Zuletzt forderte Tusks Regierung im August die Justiz auf, auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit einer Frau als ausreichenden Grund für einen Schwangerschaftsabbruch anzuerkennen. Eine Entscheidung steht noch aus. Eine Parlamentsmehrheit für eine Legalisierung von Abtreibungen werde es bis zur nächsten Wahl aber wohl nicht geben, räumte Tusk ein.
Das katholisch geprägte Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsrechte in Europa. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist nur möglich, wenn diese aus einer Vergewaltigung oder Inzest hervorging oder wenn das Leben und die Gesundheit der Frau gefährdet sind. Wer dabei hilft, eine Abtreibung vorzunehmen, kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Kubisas Fall war 2023 bekannt geworden. Im Januar des Jahres hatten Spezialkräfte ihre Praxis in Stettin durchsucht und Akten von 6000 Patientinnen beschlagnahmt. Frauenrechtsgruppen hatten kritisiert, die Polizei verstoße damit gegen das Patientengeheimnis.


