Das TV-Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump vom Donnerstagabend (amerikanische Zeit) steckt vielen liberalen Beobachtern noch in den Knochen. Die Reaktionen am Freitag und Samstag klangen wie aus einem Schockzustand heraus verfasst. Die New York Times hat ihr „Editorial Board“ vorgeschickt, eine Gruppe einflussreicher Kommentatoren, die für die Zeitung spricht. Der Kommentar zum TV-Duell ließ keinen Zweifel: Biden müsse sich aus dem Wahlkampf zurückziehen.
„Bei der Debatte am Donnerstag musste der Präsident die amerikanische Öffentlichkeit davon überzeugen, dass er den enormen Anforderungen des Amtes, das er für eine weitere Amtszeit anstrebt, gewachsen ist. Man kann jedoch nicht erwarten, dass die Wähler ignorieren, was stattdessen deutlich zu sehen war: Biden ist nicht mehr der Mann, der er vor vier Jahren war.“ Der Comedian Jon Stewart zeigte sich in seiner Sendung „The Daily Show“ schockiert über das Duell. „Das kann nicht Realität gewesen sein“, sagte der Comedian entsetzt.
Große Sorgen über die Entwicklung in Europa
In Frankreich zeigt sich ein ähnliches Problem wie in den USA, das schreibt die New York Times am Sonntag. Sein den Europa-Wahlen deutet sich in Frankreich ein Rechtsruck an. Marine Le Pens rechtsnationale Partei Rassemblement National ging als stärkste Kraft hervor, Präsident Macron rief Neuwahlen fürs französische Parlament aus. Sein größeres Ziel ist es, Europa auf eine Zukunft vorzubereiten, in der Trump Präsident sein könnte und die Nato keine so große Rolle mehr spielt. Macrons Versuch, in den Neuwahlen fürs Parlament den Rechtsruck auf nationaler Ebene zurückzudrängen, könnte nach hinten losgehen. Marine Le Pen steht mit Blick auf die erste Runde der Parlamentswahlen, die heute in Frankreich stattfinden, gut da. Es könnte ein rechtsnationaler Ministerpräsident gewählt werden, der Macron das Leben schwer machen würde. Dann hätte Macron Schwierigkeiten, seine Ukraine-Politik durchzusetzen, die ihm aktuell so am Herzen liegt. Sein Plan ist etwa, französische Truppen in die Ukraine zu schicken.
Die New York Times schreibt: „Das Problem für Macron besteht nun darin, dass seine Fähigkeit, ein Europa mit integrierten Industrien, größeren Verteidigungskapazitäten und einer weitreichenden militärischen Integration zu schmieden, möglicherweise eingeschränkt oder sogar zunichte gemacht wird, wenn er mit Marine Le Pens euroskeptischer Nationalversammlung regieren muss.“
Die New York Times weist ebenso darauf hin, dass auch in Deutschland nach den Wahlen in Ostdeutschland und nächstes Jahr für den Bundestag eine Kurskorrektur entstehen könnte, die den US-Trend mit Trump und seiner Ukraine-Politik weiter forcieren würde. Die Zeitung schreibt: „Die Tatsache, dass auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz durch eine schwächelnde Wirtschaft, eine zerrüttete Koalition und den Aufstieg einer rechtsextremen Partei geschwächt ist, stellt eine weitere Herausforderung für Europa dar.“
