Berlin

Idyll mit „brutaler Vergangenheit“: New York Times berichtet über Berlins Krumme Lanke

Heute sei es ein „Märchendorf“, einst beherbergte die Krumme Lanke die Familien der SS. Wie beschreibt die renommierte US-Zeitung die Siedlung in Berlin-Zehlendorf?

Badegäste liegen und baden am 22.07.2013 am See Krumme Lanke in Berlin.
Badegäste liegen und baden am 22.07.2013 am See Krumme Lanke in Berlin.Marcel Kusch/dpa

Die US-amerikanische Zeitung New York Times (NYT) hat sich in einer Reportage der Berliner Siedlung Krumme Lanke in Zehlendorf gewidmet. In dem Artikel beschreibt das renommierte Blatt die Vergangenheit der ehemaligen SS-Siedlung in der Nazizeit und stellt den Kontrast zum heutigen Charme der Gegend dar.

„Die Waldsiedlung Krumme Lanke ist ein begehrter Wohnort in der deutschen Hauptstadt“, schreibt NYT-Autorin Sally McGrane. Benannt nach dem angrenzenden See, werde die Siedlung von ihren Bewohnern mit einem „Märchendorf“ verglichen: „Kleine Spitzdachhäuschen mit hölzernen Fensterläden sind in einen dichten grünen Wald gebaut, der von moosbewachsenen Wegen durchzogen ist.“ Ganze Landstriche seien autofrei, Kinder spielten in den Gärten und Hunde liefen auf einer abschüssigen Wiese frei herum. „Im Sommer führt ein kurzer Spaziergang in Badelatschen und Badeanzug zum See“, beschreibt die Journalistin das Idyll der Siedlung weiter.

Krumme-Lanke-Siedlung beherbergte SS-Familien

Doch das beschauliche Leben in der Krummen Lanke wird dem Bericht zufolge von der „brutalen deutschen Vergangenheit“ überschattet. Denn einst wurde die Siedlung im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs als „Elitensiedlung“ für die SS gebaut – die Elitewache des Nazi-Reiches, die auch die Verbrechen des Holocausts beging. Während des Krieges beherbergten die rund 600 kleinen Wohnungen, Reihenhäuser, Doppelhaushälften und Einfamilienhäuser je nach Rang die Mitglieder der SS und ihre Familien.

Die Häuser in der Krumme-Lanke-Siedlung waren einst für die SS errichtet worden.
Die Häuser in der Krumme-Lanke-Siedlung waren einst für die SS errichtet worden.Depositphotos/imag

Nach dem Krieg wurden die verlassenen Häuser einem neuen Zweck zugeführt: Sie befinden sich nun im amerikanischen Sektor Berlins und wurden vor allem als Unterkünfte für Opfer der Nazi-Verfolgung genutzt, darunter Widerstandskämpfer und Flüchtlinge. Straßennamen seien geändert worden.

Im täglichen Leben der Anwohner von heute zeige sich die dunkle Vergangenheit noch immer, etwa wenn Hunde oder Kinder Münzen mit Hakenkreuz-Symbolen ausgraben würden. Außerdem leben die Bewohner in dem Wissen, dass ihre Keller einst als Bombenschutzräume dienten, und der auch heute noch dichte Baumbestand nützlich war, um Luftangriffe zu vereiteln, heißt es in der New York Times.

Auf einer Gedenktafel im Dorf steht derweil geschrieben: „Die friedliche Atmosphäre, die die in die Landschaft eingebettete Siedlung dem unvoreingenommenen Beobachter heute vermittelt, macht es schwer, sich an ihre Geschichte zu erinnern.“ Gedenkaktionen machten zuletzt auf die Vergangenheit der Krumme-Lanke-Siedlung aufmerksam. Und der Artikel in der New York Times dürfte ein Übriges tun, um die Erinnerung auch über die deutschen Grenzen hinauszutragen.