Erstmals leitet eine Frau als geistliches Oberhaupt die Anglikanische Kirche: Wie die britische Regierung am Freitag bekannt gab, wurde die Londoner Bischöfin Sarah Mullally zur neuen Erzbischöfin von Canterbury ernannt. Ihre Nominierung wurde demnach von König Charles gebilligt, dem weltlichen Oberhaupt der Kirche von England, die wiederum die Mutterkirche der Anglikanischen Gemeinschaft ist.
Die 63-jährige Mullally ist eine ehemalige Krankenschwester und Mutter von zwei Kindern. Sie folgt auf Erzbischof Justin Welby, der Anfang Januar wegen mangelnder Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen das Amt als geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche niedergelegt hatte.
Welby wurde vorübergehend vom scheidenden Erzbischof von York, Stephen Cottrell, vertreten, der sich ebenfalls mit Rücktrittsforderungen wegen eines anderen historischen Missbrauchsskandals konfrontiert sieht. Das Auswahlverfahren für die nun verkündete offizielle Nachfolgerin von Welby zog sich über mehrere Monate hinweg.
Mullally spricht von „großer Verantwortung“
Mullally erklärte laut der BBC: „Ich weiß, dass dies eine große Verantwortung ist, aber ich gehe sie mit einem Gefühl des Friedens und des Vertrauens an, dass Gott mich trägt, wie er es immer getan hat.“ Ihre offizielle Ernennung zur Erzbischöfin soll laut einem Guardian-Bericht im kommenden Januar bei einer Zeremonie in der Kathedrale von Canterbury erfolgen. Premierminister Keir Starmer sagte, die Erzbischöfin von Canterbury werde „in unserem nationalen Leben eine Schlüsselrolle spielen“. Er wünsche ihr „viel Erfolg“ und freue sich auf die Zusammenarbeit.
GAFCON, ein Zusammenschluss konservativer anglikanischer Kirchen in Afrika und Asien, kritisierte Mullallys Ernennung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge und sagte, die Ernennung zeige, dass der englische Arm der Kirche „seine Führungsautorität aufgegeben“ habe.
Der Erzbischof oder die Erzbischöfin von Canterbury wird vor allem als geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche weltweit angesehen und spielt auch eine wichtige Rolle im öffentlichen Leben Großbritanniens, da er oder sie einen Sitz im House of Lords des britischen Parlaments innehat. Sarah Mullally ist die 106. Person, die das Amt übernimmt.

