Nahostkonflikt

Bericht: Netanjahu will Gazastreifen vollständig besetzen – Armee stellt sich gegen den Plan

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu will Gaza vollständig besetzen. Israels Armee warnt vor Geiselgefahr, international wächst der Druck auf mehr humanitäre Hilfe.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu
Der israelische Premierminister Benjamin NetanjahuPool Reuters/dpa

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will laut Medienberichten eine vollständige Besetzung des Gazastreifens durchsetzen – trotz massiver Bedenken innerhalb der Armee und der eigenen Regierung. In internen Gesprächen sprach Netanjahu offen von der „vollständigen Okkupation“ und soll laut einem engen Berater gesagt haben: „Die Würfel sind gefallen - wir beabsichtigen, den Gazastreifen vollständig zu besetzen.“

Israelische Militär kontrolliert 75 Prozent des Gazastreifens

Aktuell kontrolliert das israelische Militär etwa 75 Prozent des Gazastreifens. Der Vorstoß Netanjahus sieht vor, auch die restlichen Gebiete einzunehmen – selbst in Arealen, in denen Geiseln vermutet werden. Generalstabschef Eyal Zamir soll diesen Plan strikt ablehnen. „Wenn der Generalstabschef nicht einverstanden ist, soll er zurücktreten“, zitiert Ynet einen Regierungsvertreter. Zamir sagte einen geplanten USA-Besuch ab, um angesichts der angespannten Lage in Israel zu bleiben.

Israels Armeechef, Generalleutnant Eyal Zamir, soll Netanjahus Plan ablehnen.
Israels Armeechef, Generalleutnant Eyal Zamir, soll Netanjahus Plan ablehnen.AP/dpa

Die israelische Armee warnt, dass eine vollständige Besetzung Jahre dauern und das Leben von Geiseln gefährden könnte. Auch innerhalb des Sicherheitskabinetts gibt es Widerstand: Während Minister wie Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir die Offensive unterstützen, drängen andere – darunter Mossad-Chef David Barnea und Nationaler Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi – auf einen Waffenstillstand und Verhandlungen zur Freilassung aller Geiseln.

Israel erlaubt privaten Organisationen wieder Hilfslieferungen

Unterdessen wächst der internationale Druck auf Israel, mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zuzulassen. Als Reaktion darauf genehmigte Israel nun auch privaten Organisationen wieder die Lieferung von Hilfsgütern. Laut der zuständigen Behörde COGAT sollen Grundnahrungsmittel, Babynahrung, Obst, Gemüse und Hygieneartikel kontrolliert in den Gazastreifen gelangen. Ziel sei es, die Abhängigkeit von UN-Hilfslieferungen zu verringern.

Die USA und Israel streben laut Medienberichten inzwischen ein umfassendes Abkommen an, das die Freilassung aller Geiseln, die Entwaffnung der Hamas und die Demilitarisierung des Gazastreifens vorsieht. US-Sondergesandter Steve Witkoff erklärte gegenüber Angehörigen von Geiseln, es werde keine „Teilabkommen“ mehr geben.

Ob eine Einigung mit der Hamas auf dieser Basis möglich ist, bleibt jedoch fraglich. Ein israelischer Regierungsvertreter äußerte gegenüber Haaretz „tiefe Skepsis“ an einer Verhandlungsbereitschaft der Hamas.