In einem beispiellosen Schritt haben mehr als 550 ehemalige israelische Sicherheitsbeamte – darunter zahlreiche frühere Chefs von Mossad und Shin Bet – US-Präsident Donald Trump aufgefordert, Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zur Beendigung des Gazakrieges zu drängen. In einem offenen Brief an Trump appellieren sie, die israelische Regierung in Richtung eines Waffenstillstands zu „steuern“.
„Es ist unsere professionelle Einschätzung, dass Hamas keine strategische Bedrohung für Israel mehr darstellt“, heißt es in dem Schreiben, das am Montag veröffentlicht wurde. Die ehemaligen Spitzenkräfte warnen, der Krieg habe sein legitimes Ziel längst erreicht und drohe nun Israels Sicherheit und Identität nachhaltig zu beschädigen.
Frühere Mossad- und Shin-Bet-Chefs fordern Kurswechsel im Gazakrieg
Ami Ayalon, ehemaliger Direktor des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, erklärte in einer Videobotschaft: „Anfangs war dieser Krieg gerecht – ein Verteidigungskrieg. Doch nachdem wir alle militärischen Ziele erreicht hatten, verlor dieser Krieg seine Legitimation.“
Der Brief wurde unter anderem von drei früheren Mossad-Chefs (Tamir Pardo, Efraim Halevy, Danny Yatom), fünf früheren Shin-Bet-Leitern sowie den ehemaligen Generalstabschefs Ehud Barak, Mosche Jaalon und Dan Halutz unterzeichnet. Sie alle fordern ein sofortiges Umdenken.
Trump soll Waffenruhe erzwingen
In ihrem Schreiben argumentieren die ehemaligen Sicherheitschefs, dass Israels Armee ihre operativen Ziele längst erreicht habe: Die militärischen Strukturen der Hamas seien zerschlagen, ihre Regierungsgewalt weitgehend gebrochen. Der dritte – entscheidende – Kriegszweck, die Befreiung aller Geiseln, könne jedoch nur durch Verhandlungen erreicht werden.
„Das Aufspüren verbleibender Hamas-Führer kann auch später erfolgen“, heißt es weiter. Trump, so die Unterzeichner, genieße in der israelischen Bevölkerung hohes Ansehen und könne daher maßgeblichen Einfluss auf Netanjahu ausüben, um eine Waffenruhe zu erreichen und die Rückkehr der Geiseln zu ermöglichen.
Darüber hinaus appellieren sie an Trump, nach einem Waffenstillstand eine regionale Koalition zu schmieden, um eine reformierte Palästinensische Autonomiebehörde als Alternative zur Hamas-Herrschaft im Gazastreifen zu etablieren.
Israel erwägt Ausweitung des Gazakrieges
Die Forderungen der Ex-Sicherheitschefs kommen inmitten wachsender internationaler Rufe nach einer Feuerpause, die humanitäre Hilfe in Gaza ermöglichen und Geiselverhandlungen erleichtern soll. Teile von Netanjahus Regierung setzen indes weiterhin auf eine militärische Lösung und schließen eine dauerhafte Besetzung Gazas nicht aus.
Wie am Sonntag bekannt wurde, erwägt Israels Regierung angesichts schockierender Geiselvideos eine militärische Ausweitung des Gazakrieges. Netanjahu will die etwa 20 verbliebenen Geiseln notfalls mit einem militärischen Sieg befreien. Während innerhalb der israelischen Regierung über eine Eskalation gestritten wird, lehnt das Forum der Geisel-Familien ein militärisches Vorgehen strikt ab – sie warnen, dass weitere Kämpfe das Leben der Geiseln akut gefährden.
Die Hamas zeigt sich derweil unter Bedingungen bereit, das Rote Kreuz zu den Geiseln zu lassen. Gleichzeitig drängt Trump auf einen umfassenden Deal, der eine Freilassung aller Entführten und ein Ende der Kämpfe bringen soll. Ob Israel diesem Kurs folgt, ist ungewiss.


