In Berlin sind 155 Afghanen mit einer Aufnahmezusage für Deutschland eingetroffen. Laut Bundesinnenministerium gehört mehr als die Hälfte der Passagiere zum Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Personen aus Afghanistan. Die übrigen Reisenden erhielten ihre Aufnahmezusage über das Ortskräfteverfahren, die Menschenrechtsliste oder ein Überbrückungsprogramm. Der Charterflug startete in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad.
Vor der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag hatte die Regierung Berichten zufolge die Einreise von Afghanen vorübergehend ausgesetzt und kurzfristig zwei Flüge aus Islamabad gestrichen. „Die Verschiebungen der aktuellen Flüge erfolgten auf Initiative des Auswärtigen Amtes“, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Nachfrage mit. Gründe für Änderungen könnten etwa die jeweils aktuelle Lage in Islamabad, Kapazitäten am dortigen Flughafen beziehungsweise den Landeflughäfen in Deutschland, Kapazitäten zur Zwischenunterbringung vor Verteilung auf die Bundesländer oder auch die Bereitstellung von Charterflugzeugen sein.
Dem Auswärtigen Amt zufolge konnten seit Beginn der verschiedenen Aufnahmeverfahren nach dem Fall Kabuls im August 2021 über 35.000 Personen nach Deutschland einreisen. Im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms hätten etwa 3000 Personen eine Zusage erhalten, tatsächlich eingereist seien bisher 1000 Personen.
Vertreter von Union und FDP wollten mit Taliban verhandeln
Das Auswärtige Amt hatte sich zuletzt besorgt über die Situation von afghanischen Geflüchteten in Pakistan gezeigt, wo viele Afghanen auf ihre Einreise nach Deutschland oder andere westliche Staaten warten. Bis Ende März sollen Afghanen die Hauptstadt Islamabad und das angrenzende Rawalpindi verlassen, wie ein Polizeisprecher vor Ort der dpa bestätigte.
Gleichzeitig waren in Deutschland vor der Bundestagswahl und nach dem Attentat in München wieder Debatten über Abschiebungen nach Afghanistan entflammt. Vertreter von Union und FDP sprachen sich für Verhandlungen mit den islamistischen Taliban aus, um Abschiebungen zu ermöglichen.
Sachsens Innenminister Armin Schuster kritisierte die Fortsetzung der Flüge nach Deutschland scharf. „Wir Länder haben ein ums andere Mal den sofortigen Stopp der Aufnahmeprogramme gefordert“, so der CDU-Politiker. Es sei eine „bemerkenswerte Unverfrorenheit“ der Bundesregierung, die Flüge vor der Wahl „medienwirksam zu stoppen“, um sie dann nach der Wahl sofort wieder stattfinden zu lassen.
Die Kosten für das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen belaufen sich laut Bundesinnenministerium bisher auf rund 25 Millionen Euro.


