Nach dem verheerenden russischen Raketenangriff auf ein Wohnhaus im ostukrainischen Dnipro regt sich erneut öffentliche Gegenwehr gegen den seit nunmehr elf Monaten andauernden Angriffskrieg. Wie Journalisten der New York Times aus Moskau berichteten, legten Russen und Russinnen in den Tagen nach dem tödlichen Angriff vor einer Statue der ukrainischen Dichterin Lesja Ukrajinka Blumen, Plüschtiere und Fotos des zerstörten Gebäudes ab – angesichts der scharfen Repressionen in dem Land ein deutliches, wenn auch leises Zeichen der Solidarität mit den Kriegsopfern.
„Auf diese Weise zeigen wir den Menschen in der Ukraine nicht nur, dass es in Russland Menschen gibt, die das, was dort geschieht, nicht gutheißen“, sagte der russische Journalist Alexander Pljuschtschew zu dem stillen Protest. „Wir zeigen ihnen damit auch, dass sie nicht allein sind.“ Die Bronzestatue Ukrajinkas – deren Gesicht in der Ukraine auch die 200-Hrywnja-Geldscheine ziert – steht in Moskau wenige Kilometer vom Kreml entfernt. Nach dem heftigen Beschuss Dnipros vor gut einer Woche ist der Ort zu einer spontanen Gedenkstätte für die Ukraine geworden.
Russische Demonstrantin: „Wir dürfen nicht schweigen“
Am 15. Januar war ein russischer Marschflugkörper vom Typ X-22 in ein neunstöckiges Wohngebäude in der Großstadt im Osten der Ukraine eingeschlagen. Nach Behördenangaben wurden mehr als 40 Zivilisten bei dem Angriff getötet, Dutzende weitere wurden verletzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte den Angriff als „Kriegsverbrechen“, die UN sprach vom tödlichsten Angriff seit Kriegsbeginn. Nun regt sich auch in Russland erneut Widerstand.
Kritik an der von Kreml-Chef Wladimir Putin im Februar 2022 begonnenen „militärischen Spezialoperation“ gab es auch vor dem verheerenden Angriff auf Dnipro. Nachdem sich im Sommer letzten Jahres insbesondere in Moskau größere Proteste entwickelt hatten, machte sich dort – auch angesichts harten Durchgreifens der Polizei gegen Dissidenten – zunehmende Resignation bemerkbar. Nach einer neuerlichen Gesetzesänderung ist es für den Kreml zudem einfacher als je zuvor, Regimekritiker zu „ausländischen Agenten“ zu erklären und gegebenenfalls zu inhaftieren.


