Ukraine-Krieg

Nur noch aus alten Verträgen: Polen liefert keine Waffen mehr an die Ukraine

Sein Land sei das erste gewesen, das viel für die Ukraine getan habe, sagte Polens Regierungschef Morawiecki. Jetzt müsse es seine eigenen Interessen voranstellen.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki verkündete am Mittwoch, dass sein Land keine Waffen mehr an die Ukraine liefern wird. 
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki verkündete am Mittwoch, dass sein Land keine Waffen mehr an die Ukraine liefern wird. Uwe Anspach/dpa

Die Regierung in Warschau hat Angaben vom Vortag zurückgenommen, wonach Polen keine Waffen mehr an die Ukraine liefern wolle. Polen werde künftig nur noch die Waffen liefern, deren Lieferung zu einem früheren Zeitpunkt beschlossen worden sei, sagte Regierungssprecher Piotr Müller nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP am Donnerstag.

„Polen realisiert allein die Lieferungen von Munition und Waffen, die zu einem früheren Zeitpunkt beschlossen wurden“, sagte der Sprecher. Das schließe die Lieferungen ein, die in Verträgen mit der Ukraine vereinbart worden seien.

Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte am Mittwoch den Stopp der polnischen Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Dem Sender Polsat News hatte er gesagt: „Wir transferieren keine Waffen mehr an die Ukraine, weil wir uns selbst mit den modernsten Waffen ausrüsten.“ Kurz zuvor war ein Streit zwischen beiden Ländern über ukrainische Getreideexporte eskaliert. Die polnische Armee solle in kurzer Zeit eine der stärksten Landarmeen Europas werden, erklärte der polnische Ministerpräsident. Die Ankündigung sorgte in der EU und in Berlin für Irritationen. 

Nun meldete sich am Donnerstagabend Polens Präsident Andrzej Duda zu den Irritationen zu Wort, die er als „Missverständnis“ bezeichnete. Die Äußerungen von Morawiecki seien auf „die denkbar schlechteste Weise interpretiert“ worden, sagte Duda dem Sender TVN24. „Meiner Meinung nach wollte der Ministerpräsident sagen, dass wir die neuen Waffen, die wir derzeit im Zuge der Modernisierung der polnischen Armee kaufen, nicht an die Ukraine liefern werden.“

Warschau war seit Kriegsbeginn einer der größten Unterstützer und Waffenlieferanten der Ukraine. Die Verkündung des Waffen-Lieferstopps erfolgte wenige Stunden, nachdem Warschau in dem Konflikt um Getreideexporte den ukrainischen Botschafter einbestellt hatte, um gegen Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor den Vereinten Nationen zu protestieren.

Polen importiert weiter kein ukrainisches Getreide

Der Streit hatte sich in den vergangenen Tagen zugespitzt: Durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist die klassische Exportroute für ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer blockiert. Für den Transport über den Landweg verhängte die EU Handelsbeschränkungen gegen die Ukraine, um Landwirte in den Transitländern – darunter Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien – zu schützen. Getreide aus der Ukraine durfte durch die Länder transportiert, jedoch nicht dort verkauft werden.

Am Freitag hatte die EU-Kommission die Handelsbeschränkungen nun für beendet erklärt. Polen, Ungarn und die Slowakei kündigten aber umgehend an, sich nicht daran zu halten. Polen drohte zudem mit Importbeschränkungen auf weitere Produkte. Selenskyj sagte daraufhin am Dienstag bei der UNO, einige Länder täuschten Solidarität nur vor und unterstützten indirekt Russland.

Morawiecki: „Interessen unserer Landwirte sind das Wichtigste“

Frankreichs Außenministerin Catherina Colonna sagte der Nachrichtenagentur AFP, Polens Festhalten an einem Verbot für ukrainisches Getreide sei ungerechtfertigt. „Diese Spannungen sind bedauerlich“, sagte Colonna am Mittwoch am Rande der UN-Generalversammlung. Laut einer EU-Studie würden ukrainische Getreideimporte den Markt nicht stören und die europäischen Landwirte nicht behindern, betonte die Ministerin.

Morawiecki verteidigte seinerseits die Haltung Polens. „Wir waren die ersten, die viel für die Ukraine getan haben. Deshalb erwarten wir, dass sie unsere Interessen verstehen“, sagte Morawiecki dem Sender Polsat News. „Für uns sind die Interessen unserer Landwirte das Wichtigste.“