Marihuana

Cannabis: Besitz von 20 Gramm könnte künftig straffrei sein

Im Bestreben der Ampelkoalition, Cannabis in Deutschland zu legalisieren, gibt es offenbar einen Vorstoß: Kauf und Besitz sollen in Grenzen straffrei werden.

Eine Cannabispflanze
Eine Cannabispflanzedpa/Patrick Pleul

Eine mögliche Cannabis-Freigabe in Deutschland rückt näher. Derzeit arbeite die Bundesregierung an einer „großen Lösung“, hieß es am Mittwoch in Berliner Regierungskreisen. Demnach soll nicht nur der Eigenanbau von Cannabis straffrei werden, sondern auch der Verkauf und die Beschaffung. Konkret könnten ab 18 Jahre 20 Gramm des Hanfgewächses mit psychoaktiver Wirkung legal gekauft werden, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf ein Eckpunktepapier des Gesundheitsressorts. Die Union reagierte prompt mit heftiger Kritik – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) solle die Pläne stoppen. Die Grünen, die Linke und der Hanfverband mahnten dagegen, das Gesetz solle nicht zu restriktiv ausfallen.

Eine Sprecherin von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte, dass noch kein in der Regierung abgestimmtes Eckpunktepapier vorliege. Die Ressorts für Gesundheit, Justiz, Wirtschaft, Agrar, Inneres und das Auswärtige Amt arbeiteten aber zusammen an der Umsetzung des Koalitionsvertrags. Dort hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen. Von einer „Legalisierung“ sprach die Sprecherin in einer Pressekonferenz am Mittwoch allerdings nicht.

Lauterbach hatte zum Herbst Eckpunkte und für Ende des Jahres einen Gesetzentwurf angekündigt.

Wie es in Ministeriumskreisen am Mittwoch weiter hieß, gebe es noch „erheblichen Klärungsbedarf“. Ziel sei es, durch die Legalisierung die gesundheitlichen Risiken zu verkleinern, die durch den Schwarzmarkt und den unkontrollierten Anbau und Verkauf entstünden. Der Kinder- und Jugendschutz stehe im Vordergrund. „Es wird ein Riesengesetz“, hieß es im Gesundheitsressort weiter.

Unterschied nach Alter

Nach dem Bericht des RND sehen die vorläufigen Eckpunkte vor, den Eigenanbau von bis zu zwei Cannabispflanzen zu erlauben. Die Menge des berauschenden Wirkstoffs THC solle maximal 15 Prozent betragen dürfen. Um „cannabisbedingte Gehirnschädigungen“ zu verhindern, dürften an jüngere Menschen von 18 bis 21 Jahre nur Produkte mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent verkauft werden. Würden Jugendliche unter 18 Jahre mit Cannabis erwischt, solle Straffreiheit gelten. Allerdings sollten Jugendämter sie zur Teilnahme an Präventionskursen verpflichten. Für Standorte von Cannabis-Geschäften stünden Mindestabstände zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen im Blick. Trotz einer Legalisierung solle es untersagt bleiben, für Cannabisprodukte zu werben.

Cannabis-Legalisierung: Rechtliche Hürden in Europa

Verhindern will die Regierung vor allem ein Scheitern in Europa, ein „Morbus Scheuer“, wie es in Berlin weiter hieß. Damit ist der frühere Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gemeint, der mit einem Prestigeprojekt der CSU, einer Pkw-Maut, europarechtlich gescheitert war. Deshalb sollen erst Eckpunkte abgestimmt und dann im Bundeskabinett verabschiedet werden – und erst wenn Brüssel und Straßburg grünes Licht signalisieren, soll ein Gesetzentwurf folgen, wie es hieß. „Wenn die Prüfung ergibt, dass es rechtlich nicht geht, werden wir kein Gesetz vorlegen“, verlautete aus der Regierung. Allerdings sei man doch zuversichtlich, dass es rechtlich gehe. Hintergrund sind unter anderem rechtliche Vorgaben, nach denen die Staaten zu Maßnahmen verpflichtet sind, die zur Unterbindung von unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln nötig sind. In Deutschland könnte Cannabis künftig rechtlich gar nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.

Lauterbachs Angaben zufolge nutzen etwa vier Millionen Erwachsene Cannabis. Es gebe einen großen Schwarzmarkt, organisierte Kriminalität und Verunreinigungen. „Der Cannabiskonsum in Maßen, gut abgesichert, in Qualität und ohne Beschaffungskriminalität ist etwas, was man akzeptieren muss und was zu einer modernen Gesellschaft dazugehört“, hatte der Minister betont.

Kritik an den Plänen

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, die Cannabis-Legalisierungspläne seiner Ampelkoalition zu stoppen. „Damit droht – unabhängig von den bislang nicht bestätigten Einzelheiten – eine weitere Verharmlosung der Risiken durch diese Droge.“ Zu den Cannabis-Risiken zählten neben der Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung negative Auswirkungen auf das Gedächtnis sowie auf Lern- und Denkleistungen.

CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger sagte dem RND: „Wenn Cannabis mit begrenztem THC-Gehalt in Deutschland produziert werden muss, dann wird der Preis bei den für die Aufzucht schwierigen klimatischen Bedingungen hierzulande (...) deutlich über dem Schwarzmarktpreis liegen.“ Der Schwarzmarkt werde deshalb nicht ausgetrocknet.

Warnung vor restriktiver Regelung

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther sagte: „Eine Legalisierung, die den Gesundheits- und Jugendschutz verbessert, kann nur gelingen, wenn sie nicht zu restriktiv ist, denn sonst beziehen die Konsumierenden ihr Cannabis weiter vom Schwarzmarkt.“ Eine THC-Obergrenze, gestaffelte Altersgrenzen und eine Begrenzung des Eigenanbaus auf zwei Pflanzen könnten dazu führen, dass einige Konsumierende weiter auf illegales Cannabis zurückgreifen würden. Das EU-Recht zu Cannabis sei rudimentär. „In vorauseilendem Gehorsam allein auf den Anbau in Deutschland zu setzen, kann dazu führen, dass der Bedarf nicht gedeckt werden kann.“

Auch der Linke-Politiker Ates Gürpinar warnte vor zu starren Vorgaben. „Es ist so, als würde man in Bayern nur Leichtbier erlauben. 2,5 Prozent bis 21 Jahre, darüber dann 3,5 Prozent Alkohol.“ Der Deutsche Hanfverband warnte ebenso vor restriktiven Regeln. Sprecher Georg Wurth sagte dem Nachrichtenportal t-online: „Wir brauchen Regeln, die es für einen Konsumenten attraktiv machen, in einen Laden zu gehen und eben nicht den Schwarzmarkt zu besuchen.“