Gericht

Korruptionsprozess: Krankenkassen sollen 85 Millionen Euro zu Unrecht kassiert haben

Drei Personen sollen über Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds hohe Millionensummern kassiert haben. Die Verteidiger weisen die Vorwürfe der Korruption und der Untreue zurück.

Vor dem Landgericht hat ein Korruptionsprozess begonnen.
Vor dem Landgericht hat ein Korruptionsprozess begonnen.Olaf Wagner/Pressefoto Wagner

Ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin sowie zwei leitende Mitarbeiter einer gesetzlichen Krankenkasse stehen in einem Korruptionsprozess vor dem Berliner Landgericht. Dabei geht es um 85 Millionen Euro, die angeblich zu Unrecht kassiert worden sein sollen. Die drei Angeklagten sollen Gesundheitsdaten von Versicherten nachträglich verändert haben, um auf diesem Wege höhere Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten.

Konkret geht es um die Abrechnungsjahre 2014 und 2015. Der KV-Berlin-Vorstand und die beiden leitenden Mitarbeiter sollen vereinbart haben, dass die KV Berlin nachträglich die Daten von Patientinnen und Patienten verändert. In der Folge sind laut Anklage Einzelfalldaten bei über 120.000 Versicherten verändert und Diagnosen hinzugefügt worden. Solche Änderungen durch die Kassenärztliche Vereinigung oder durch die Krankenkasse seien aber gesetzlich nicht vorgesehen, heißt es in der Anklage.

Überhöhte Zuweisungen gingen an Krankenkasse

Zur Umsetzung der Vereinbarung habe das damalige Berliner KV-Vorstandsmitglied von den beiden weiteren Angeklagten jeweils Datenträger erhalten. Er habe die Änderungen veranlasst, die Krankenkasse habe überhöhte Zuweisungen erhalten.

„Dieser Betrag konnte damit nicht an die anderen Krankenkassen im Rahmen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs verteilt werden“, so die Anklage. 2014 soll die Krankenkasse fast 29 Millionen Euro zu Unrecht erhalten haben, rund 56 Millionen seien es im Jahr 2015 gewesen.

Angeklagte wollen umfassend aussagen

Die Verteidiger wiesen die Vorwürfe zurück. Es habe keine Untreue gegeben und auch Korruption sei „fernliegend“. Die beiden Mitarbeiter der Krankenkasse hätten dem KV-Vorstand „weder einen Vorteil gewährt noch ihn bestochen“. Zu keinem Zeitpunkt sei es um ein Verfälschen von richtigen Daten gegangen – „es ging um die Korrektur fehlerhafter Daten“. Der Prozess werde ergeben, dass die Vorwürfe unbegründet seien.

Es wurden umfassende Aussagen der Angeklagten zu den Vorwürfen der Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung angekündigt. Um ebenfalls angeklagte Untreue-Vorwürfe geht es in dem Prozess nicht mehr – von der Verfolgung werde in Hinblick auf die verbleibenden Vorwürfe abgesehen, beschloss das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft.