Staatsbesuch

Scholz empfängt Milei in Berlin: Militärische Ehren abgesagt, Proteste

Der Besuch des argentinischen Präsidenten Javier Milei im Kanzleramt wurde von Protesten begleitet. Es war ein ungewöhnlich kurzes Treffen. Das waren die Themen.

Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt den Präsidenten der Argentinischen Republik, Javier Milei, im Bundeskanzleramt in Berlin.
Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt den Präsidenten der Argentinischen Republik, Javier Milei, im Bundeskanzleramt in Berlin.Bernd Elmenthaler/imago

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich am Sonntag im Berliner Kanzleramt hinter verschlossenen Türen mit dem argentinischen Präsidenten Javier Milei getroffen. Zum Auftakt gab es nur einen kurzen Fototermin, beide begrüßten sich mit Handschlag vor der Regierungszentrale. Der Empfang mit militärischen Ehren und die gemeinsame Pressekonferenz waren kurzfristig abgesagt worden – auf Wunsch Mileis, wie es von deutscher Seite hieß.

Scholz habe im Gespräch unter anderem die geplanten Reformen in Argentinien und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung thematisiert. Dabei habe der Bundeskanzler unterstrichen, dass aus seiner Sicht Sozialverträglichkeit und der Schutz des gesellschaftlichen Zusammenhalts wichtige Maßstäbe sein sollten, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach dem Treffen am Sonntag in Berlin mit.

Für das Gespräch war ebenfalls auf Wunsch Mileis lediglich eine Stunde vorgesehen. Vor dem Kanzleramt protestierten während der Begrüßung mehrere Dutzend Demonstranten mit Plakaten wie „Weg mit Milei“ gegen den Besuch des selbsternannten „Anarchokapitalisten“.

Berlin: Eine Demonstrantin ruft vor dem Kanzleramt und protestiert gegen den Besuch des argentinischen Präsidenten Javier Milei.
Berlin: Eine Demonstrantin ruft vor dem Kanzleramt und protestiert gegen den Besuch des argentinischen Präsidenten Javier Milei.Fabian Sommer/dpa

Javier Milei oft mit Donald Trump verglichen

Der Staatschef der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas, die zur G20-Staatengruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gehört, gilt als Exzentriker und wird oft mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump verglichen. Im Wahlkampf trat er mit laufender Kettensäge auf, unliebsame Parlamentarier tituliert er gerne als „Ratten“ und der Staat ist für ihn die Wurzel allen Übels. Zudem hatte er unter anderem die Verbrechen der rechtsgerichteten argentinischen Militärdiktatur heruntergespielt, sprach er sich gegen Abtreibungen und Sexualkundeunterricht sowie für die Freigabe des Organhandels aus und leugnete den menschengemachten Klimawandel.

Es wurde erwartet, dass es bei dem Treffen im Kanzleramt vor allem um Wirtschaftsthemen geht. Argentinien verfügt über viele Rohstoffe wie beispielsweise Lithium, das in Deutschland dringend gebraucht wird. Tatsächlich sei es nach Angaben des Regierungssprechers um „die ganze Breite der bilateralen Beziehungen, darunter bilaterale Fragen, Wirtschaft, Handel, erneuerbare Energien und den globalen Klimaschutz“ gegangen. Scholz und Milei hätten auch über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten gesprochen. „Sie waren sich einig, dass die Verhandlungen über das Abkommen zügig abgeschlossen werden sollen“, sagte Hebestreit. Auch der mögliche argentinische OECD-Beitritt sei Thema gewesen. Die Bundesregierung unterstütze dieses Anliegen.

Milei ließ mehrere Antrittsbesuche wegen ideologischer Differenzen ausfallen

Milei war bereits am Samstag in Deutschland eingetroffen und hatte in Hamburg die Medaille der liberalen Friedrich August von Hayek-Gesellschaft erhalten – in Anwesenheit der AfD-Politikerin Beatrix von Storch und des Vorsitzenden der rechtskonservativen Werteunion, Hans-Georg Maaßen. In seiner Rede schlug er eher moderate Töne an und beschränkte sich darauf, seinen radikal-liberalen Reformkurs zu erklären. 

Zur Begründung ihrer Auszeichnung hatte die Hayek-Gesellschaft im Februar erklärt, Milei sei ein „ambitionierter Reformer“ im Sinne Friedrich August von Hayeks, der mit seinem „freiheitlichen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Programm“ die „Kernprobleme“ Argentiniens wie „Korruption, Staatswirtschaft, übermäßige Verschuldung und die Zerrüttung der Währung“ angehe.

Argentinien steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Inflation von fast 290 Prozent im vergangenen Jahr ist eine der höchsten weltweit. Gleichzeitig stieg die Armut auf inzwischen rund 56 Prozent an.

Javier Milei reist am Sonntag weiter nach Polen

Vor Scholz haben bisher nur vier Staats- und Regierungschefs Milei seit dessen Amtsantritt vor einem halben Jahr empfangen: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, El Salvadors Präsident Nayib Bukele und Papst Franziskus als Staatsoberhaupt des Vatikans. Die für argentinische Präsidenten üblichen Reisen in die wichtigen Nachbarländer wie Brasilien und Chile ließ Milei wegen ideologischer Differenzen ausfallen. In den USA war er zwar bereits mehrfach – aber ohne Termin im Weißen Haus. Stattdessen traf er sich mit Tesla-Boss Elon Musk und Ex-Präsident Trump. Am Sonntag wird Milei in Prag erwartet.

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