Zum ersten Mal seit seiner Entlassung aus dem britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh hat sich Wikileaks-Gründer Julian Assange öffentlich zu seinem Fall geäußert. Der Grund, warum er auf freiem Fuß ist, sei nicht, dass das System funktioniere oder dass Gerechtigkeit geübt worden sei, sondern dass er sich des Journalismus schuldig bekannt habe, so Assange bei einer Anhörung des Ausschusses für Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg. „Als ich aus dem Kerker von Belmarsh kam, bedauerte ich, wie viel Zeit verloren gegangen war … Ich sehe mehr Geheimhaltung, mehr Vergeltung, mehr Selbstzensur“, sagte der Wikileaks-Herausgeber weiter.
In Bezug auf die US-Ermittlungen gegen ihn und Wikileaks sagte Assange, dass die CIA und insbesondere ihr Ex-Direktor und ehemaliger US-Außenminister unter der Regierung von Donald Trump, Mike Pompeo, ihn, seine Familie und seine Mitarbeiter mit „aggressiven, außergerichtlichen und extraterritorialen Mitteln“ ins Visier genommen hätten. „Es ist nun öffentlich bekannt, dass die CIA unter der ausdrücklichen Anweisung von Pompeo Pläne zur Entführung und Ermordung meiner Person in der ecuadorianischen Botschaft in London ausgearbeitet und die Verfolgung meiner europäischen Kollegen genehmigt hat, wodurch wir Opfer von Diebstahl, Hacking-Angriffen und der Verbreitung falscher Informationen wurden“, sagte Assange.
Assange erschien mit seiner Frau Stella an seiner Seite. Er räumte ein, dass er Bedenken hätte, in der Öffentlichkeit aufzutreten, da er sich noch immer von seiner Inhaftierung und der häufigen Isolation erhole. Er habe jedoch beschlossen, von Australien nach Frankreich zu reisen, da der Anlass zu wichtig gewesen sei. Die Sitzung endete damit, dass der Wikileaks-Gründer die Journalisten aufforderte, „den Kampf fortzusetzen“, und die Anwesenden ihm mit stehenden Ovationen dankten.
Nach Angaben der Initiatoren untersucht die Anhörung Assanges „Inhaftierung und Verurteilung und deren abschreckende Wirkung auf die Menschenrechte“. Am Mittwoch findet eine Plenardebatte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) zu diesem Thema statt. Dem Europarat gehören seit dem Ausschluss Russlands 46 Länder an. Die Organisation ist nicht mit der EU verbunden.
Der Ausschuss argumentiert, dass Assange aufgrund der „unverhältnismäßig schweren Anklagen, die von den US-Behörden gegen ihn erhoben wurden, sowie der hohen Strafen, die im Spionagegesetz für journalistische Tätigkeiten vorgesehen sind“, als politischer Gefangener einzustufen ist.
Wie kam es zu Assanges Freilassung?
Assange wurde in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch amerikanische Militärangehörige.


