Dammbrüche, überflutete Straßen, Hubschrauber retten Menschen vor Wassermassen: Der Süden Deutschlands hat mit einem schweren Hochwasser zu kämpfen. Die Lage könnte sich am Samstag angesichts des Dauerregens weiter zuspitzen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rief für mehrere Landkreise Bayerns die höchste Unwetter-Warnstufe aus. Mehrere Flüsse und Bäche traten über die Ufer. Gleich in mehreren Kreisen wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Berichte über Verletzte oder größere Schäden lagen bis zum Nachmittag nicht vor. Feuerwehren sind im Dauereinsatz.
Besonders angespannt ist die Situation rund um Augsburg gewesen. Bewohner in dem Ort Diedorf sollten laut dem zuständigen Landkreis nach zwei Dammbrüchen ihre Wohnhäuser verlassen. Aufgrund der hohen Wassermassen werde eine Evakuierung im Diedorfer Ortsteil Anhausen vorbereitet, teilte das Landratsamt Augsburg mit. „Es ist nicht mehr ausreichend, sich in höhere Stockwerke zu begeben.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) machten sich vor Ort ein Bild von der Lage.
Auch wenn es noch keine großflächigen Überflutungen bis zum Nachmittag gab, war die Situation in einzelnen Gebieten bereits bedrohlich. In Babenhausen südlich von Ulm retteten Einsatzkräfte Menschen mit Booten aus ihren Häusern. In Fischach im schwäbischen Landkreis Augsburg holten Helfer Menschen mit einem Hubschrauber aus ihren von den Fluten eingeschlossenen Häusern. Die Bewohner hätten auf andere Weise den Ort nicht mehr verlassen können, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes.
Bei meinem Freund im Ortskern von Krumbach (Schwaben) sieht das nicht gut aus und es regnet immer noch...😵💫#Hochwasser pic.twitter.com/imZNUNtz1F
— Heringsflieger 📯 (@heringsflieger) June 1, 2024
Jahrhundert-Hochwasser befürchtet
Seit Stunden fällt vor allem im Süden Deutschlands teils heftiger Regen. Dort galt am Samstagnachmittag wegen ergiebigen Dauerregens für Regionen in mehr als zehn Landkreisen in Baden-Württemberg und vor allem in Bayern die höchste Unwetter-Warnstufe 4. Nach Angaben des DWD war hiervon ein breiter Streifen von Pfaffenhofen bis zum Bodensee betroffen. Befürchtet wird mancherorts ein Jahrhundert-Hochwasser.
Der Dauerregen führte demnach zu Pegelständen, wie sie statistisch gesehen nur einmal in mehr als hundert Jahren erreicht werden. So führten am Nachmittag die Donaunebenflüsse Umlach in Ummendorf, Rottum in Laupheim (beide Kreis Biberach), Wurzacher Ach in Leutkirch-Reichenhofen (Kreis Ravensburg) und Weihung in Unterkirchberg (Alb-Donau-Kreis) so viel Wasser wie bei einem Jahrhundert-Hochwasser.
Katastrophenfall in mehreren Landkreisen Bayerns ausgerufen
Wegen der extremen Regenfälle in Süddeutschland hatten in Bayern bis Samstagmittag fünf Landkreise den Katastrophenfall ausgerufen. Nach Günzburg und Augsburg erklärte auch der Landrat von Aichach-Friedberg am Morgen den Katastrophenfall. Es folgten Neu-Ulm und Pfaffenhofen.
Wegen der heftigen Unwetter kam es Samstag auch zu Störungen und Zugausfällen im Bahnverkehr. Besonders zwei ICE-Strecken waren beeinträchtigt, wie eine Bahnsprecherin sagte. Zwischen München, Bregenz und Zürich fuhren wegen des Hochwassers den ganzen Samstag keine Züge mehr. Die Strecke zwischen Ulm und Augsburg war ebenfalls betroffen, die dortigen Fernzüge der Verbindung zwischen Stuttgart und München wurden über Ansbach umgeleitet. Weitere Informationen sollten auf der Internetseite der Bahn veröffentlicht werden.

Baden-Württemberg: Teile von Ochsenhausen überflutet
Land unter auch in Teilen Baden-Württembergs. Betroffen waren Gebiete in Oberschwaben. Es traten Flüsse über die Ufer. Hingegen gingen die beiden Städte Ulm und Neu-Ulm am Samstag nicht mehr von einem extremen Hochwasser aus. „Jedoch wird an der Donau die Meldestufe 4 und an der Iller die Meldestufe 3 erreicht werden“, teilten die beiden Kommunen mit. Insoweit könnten die Städte eine erste vorsichtige Entwarnung geben. An der Messe Friedrichshafen am Bodensee sei ein zentrales Sandsack-Lager in Auftrag gegeben worden, teilte ein Feuerwehrsprecher mit. Rund 10.000 Sandsäcke sollen demnach aus einem Nachbarkreis dorthin gebracht werden.
Feuerwehren und andere Retter rückten wegen des Wetters unzählige Male aus. Zahlen dazu lagen noch nicht vor. Auch zu größeren Schäden gibt es noch keinen Überblick. In Süddeutschland sind bisher rund 400 Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) im Einsatz. Die Helfer pumpten den Angaben zufolge Wasser ab, sicherten Dämme und brachten Menschen vorsorglich in Sicherheit. „Wegen des anhaltenden und teils schweren Dauerregens ist das THW darauf vorbereitet, weitere Einsatzkräfte gezielt einzusetzen.“
Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sagte in einer ersten Bilanz: „Wie erste Erfahrungen vor Ort zeigen, hat es sich ausgezahlt, dass die Landesregierung in den vergangenen Jahren viel Geld für Dämme, Regenrückhaltebecken und kommunale Starkregenkonzepte mobilisiert und dauerhaft gesichert hat.“

Unwetter-Warnung: So ist die Lage in Thüringen und Sachsen
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte am Samstag vor Unwettern und Dauerregen vom Süden über die Mitte Deutschlands bis in die Oberlausitz. In den südlichen Regionen kämen zu den bereits gefallenen Regenmengen entlang und südlich der Donau bis zum Abend noch einmal örtlich bis zu 40 Liter pro Quadratmeter hinzu, etwa im Berchtesgadener Land.
In Ost-Thüringen lösten Starkregen und Gewitter am Samstagnachmittag zahlreiche Feuerwehreinsätze aus. Das teilte die Leitstelle Gera mit. Besonders betroffen war demnach der Bereich um Ronneburg im Landkreis Greiz. Dort kam es zu überfluteten Straßen, Feldern und vollgelaufenen Kellern. Auch im Geraer Stadtteil Liebschwitz sei ein Bach übergelaufen. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war für Samstag mit örtlich auftretendem Starkregen mit 25 bis 40 Litern Niederschlag pro Quadratmeter binnen kurzer Zeit, Hagel und stürmischen Böen zu rechnen. Zudem galt am Samstag für den Kreis Altenburger Land vorübergehend eine Warnung vor starken Gewittern, die am Nachmittag aber wieder aufgehoben wurde.
Die sächsische Stadt Plauen bereitete sich ebenfalls auf Unwetter und Hochwasser vor. Seit 5 Uhr seien die Deich- und Brückenwachen entlang des Flusslaufs der Weißen Elster unterwegs, sagte der Leiter der Plauener Berufsfeuerwehr, René Schreiter. Bisher seien 10 000 Sandsäcke befüllt und rund 3000 ausgegeben worden.
Glücklicherweise zogen über weite Teile Sachsens die Gewitter hinweg, größere Schäden gab es nach ersten Angaben der Einsatzkräfte demnach nicht. Die Polizeidirektionen hatten nach einer ersten Einschätzung am frühen Abend keine größeren Einsätze zu vermelden. Im Landkreis Zwickau sei eine Straße überspült worden und die Feuerwehr habe einige vollgelaufene Keller leerpumpen müssen, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. Dies sei aber bei der eigentlich prognostizierten Lage sehr wenig.
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