Ukrainekrieg

Kiew: Russische Iskander-Rakete enthielt mehr als 30 Bauteile aus dem Westen

In der Iskander-Rakete, die das Kabinettsgebäude in Kiew traf, steckten Bauteile aus den USA, der Schweiz und Großbritannien. Nun werden neue Sanktionen gefordert.

Kiew: Auf diesem vom ukrainischen Katastrophenschutz zur Verfügung gestellten Foto steigt Rauch von einem Feuer im Gebäude des Ministerkabinetts nach einem russischen Angriff auf.
Kiew: Auf diesem vom ukrainischen Katastrophenschutz zur Verfügung gestellten Foto steigt Rauch von einem Feuer im Gebäude des Ministerkabinetts nach einem russischen Angriff auf.Ukrainian Emergency Service/AP/dpa

In der russischen Iskander-Rakete, die am 7. September das Kabinettsgebäude der Ukraine traf, haben Experten nach ukrainischen Angaben mehr als 30 Bauteile aus westlicher Produktion gefunden. Das teilte Präsidentenberater Vladyslav Vlasiuk, zuständig für Sanktionspolitik, in einem Facebook-Beitrag mit. Der Sprengkopf detonierte nicht, stattdessen entzündete sich das Treibmittel und setzte die oberen Stockwerke des Gebäudes in Brand. Die ukrainischen Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Laut Vlasiuk enthielt das Geschoss 35 US-Komponenten, je ein Bauteil aus Großbritannien, Japan und der Schweiz sowie mehrere Dutzend Bauteile aus Belarus und Russland. Unter den identifizierten Herstellern sind den Angaben zufolge Texas Instruments, Analog Devices und Altera (USA), College Electronics (UK), Fujitsu (Japan) und Traco Power (Schweiz). Im Vergleich zu früheren Funden gebe es laut Vlasiuk weniger Teile aus Europa und den USA, dafür mehr aus Russland und Belarus. Die Informationen seien bereits an Partnerstaaten übermittelt worden, um gezielt neue Sanktionen vorzubereiten, hieß es weiter.

Kiew: Ein beschädigtes Büro im Gebäude des Ministerkabinettts
Kiew: Ein beschädigtes Büro im Gebäude des MinisterkabinetttsDan Bashakov/AP/dpa

EU-Botschafterin: Gezielter Schlag ins Herz der ukrainischen Regierung

Die Europäische Union bestätigte, dass es sich bei dem Angriff tatsächlich um eine ballistische Iskander-Rakete handelte. EU-Botschafterin Katarina Mathernová sprach von einem gezielten Schlag „ins Herz der ukrainischen Regierung“ und forderte die Partner auf, die ukrainische Luftabwehr stärker zu unterstützen. Bei dem kombinierten russischen Angriff in derselben Nacht wurden zudem mehrere Wärmekraftwerke schwer beschädigt. Landesweit kamen mindestens vier Menschen ums Leben, darunter eine 32-jährige Frau und ihr zwei Monate altes Kind in Kiew.

Bereits Ende April hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach einem russischen Angriff in Kiew darauf hingewiesen, dass in einer Rakete nordkoreanischer Bauart mindestens 116 ausländische Komponenten gefunden worden seien, „die meisten davon von US-Firmen“. Er forderte damals verstärkten Druck auf Moskau und Pjöngjang. Recherchen von Reuters und der britischen Denkfabrik Open Source Centre zufolge liefert Nordkorea seit Monaten Millionen Artilleriegeschosse an Russland.

21 Tote: Russischer Angriff trifft Rentenausgabe in der Region Donezk

Auch der jüngste russische Angriff auf ein Dorf in der ostukrainischen Region Donezk traf kein militärisches Ziel. Mindestens 21 Menschen seien dabei getötet und 21 weitere verletzt worden, hieß es. Der Angriff sei am Dienstagnorgen in dem Moment erfolgt, als die Menschen ihre Rente ausgehändigt bekamen, erklärte Selenskyj in Online-Netzwerken. „Brutaler russischer Luftangriff auf die ländliche Siedlung Jarowa in der Region Donezk. Direkt auf die Menschen. Einfache Zivilisten“, so Selenskyj. Der Gouverneur der Region, Wadym Filaschkin kritsierte: „Das ist kein militärisches Vorgehen, sondern reiner Terrorismus.“

In der Ukraine händigt die Post die Renten von mehr als zwei Millionen Menschen aus. Die Post kann mit der Auszahlung der Renten auf dem Land beauftragt werden, auch in Gebieten nahe der Front, wo öffentliche Einrichtungen und Banken aufgrund der Gefahr geschlossen werden mussten. Damit die Mitarbeiter der Post nicht von Haus zu Haus gehen müssen, fand die Auszahlung bislang häufig in Gruppen auf der Straße statt. Die Post kündigte nun an, das Vorgehen bei der Auszahlung anzupassen.