Nahost

Haftbefehl gegen Netanjahu: Israel will gegen IStGH-Entscheidung vorgehen

Das Büro des israelischen Regierungschefs kündigt an, Berufung gegen die Entscheidung des IStGH in Den Haag einzulegen. Netanjahu will zudem mithilfe des US-Kongresses den Druck erhöhen.

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Israels Regierungschef Benjamin NetanjahuIsraeli Government Press Office/

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat angekündigt, juristische Schritte gegen die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) einzuleiten. Wie das Büro des Regierungschefs am Mittwoch mitteilte, sei der IStGH davon in Kenntnis gesetzt worden, dass Israel Berufung gegen die erlassenen Haftbefehle gegen ihn und den früheren Verteidigungsminister Yoav Gallant einlegen werde. Es soll demnach die Rechtmäßigkeit geprüft werden. 

Netanjahu habe sich zudem heute in seinem Büro in Jerusalem mit US-Senator Lindsey Graham getroffen, um über die Bemühungen zu sprechen, wie mithilfe von Abgeordneten im US-Kongress gegen die Entscheidung des IStGH vorgegangen werden kann, hieß es weiter.

Haben Netanjahu und Gallant Anspruch auf Immunität?

Die G7-Staaten hatten am Dienstag betont, sich an ihre „jeweiligen Verpflichtungen“ zu halten. „Wir bekräftigen unser Bekenntnis zum humanitären Völkerrecht und werden unseren jeweiligen Verpflichtungen nachkommen“, hieß es in der Erklärung der Außenminister der G7-Staaten. IStGH-Mitgliedstaaten wie Deutschland müssten demnach Netanjahu verhaften, sobald er ihr Territorium betritt.

Nach Ansicht Frankreichs könnte für den israelischen Premierminister trotz des Haftbefehls diplomatische Immunität gelten. Das französische Außenministerium verwies auf die Tatsache, dass Israel nicht zu den Unterzeichnern des Römischen Statuts gehört. Dieser Fakt sollte in Betracht gezogen werden, hieß es. Daher könnte es sein, dass Netanjahu und Gallant Anspruch auf Immunität gegenüber den in der vergangenen Woche in Den Haag ausgestellten Haftbefehlen haben.

Was wird Netanjahu und Gallant vorgeworfen?

Der IStGH hatte vor knapp einer Woche Haftbefehle gegen Netanjahu, Gallant und den womöglich bereits durch Israel getöteten Militärchef der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, Mohammed Deif, erlassen. Die Richter in Den Haag stimmten demnach einem Antrag des Chefanklägers Karim Khan vom Mai zu. Der Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant sei wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ergangen, die im Zeitraum vom 8. Oktober 2023 bis mindestens 20. Mai 2024 begangen worden seien. Sie hätten der palästinensischen Bevölkerung absichtlich und wissentlich überlebenswichtige Dinge vorenthalten, darunter Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und medizinische Versorgung sowie Treibstoff und Strom, so der IStGH.

Netanjahu verurteilte den Haftbefehl gegen ihn und sagte, Israel „lehnt die absurden und falschen Handlungen mit Abscheu ab“. In einer von seinem Büro veröffentlichten Erklärung sagte er: „Es gibt nichts Gerechteres als den Krieg, den Israel in Gaza führt.“ Er warf dem IStGH zudem Antisemitismus vor. „Die antisemitische Entscheidung“ des Gerichts sei vergleichbar „mit einem modernen Dreyfus-Prozess“. Auch die US-Regierung verurteilte die Ausstellung der Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant scharf.

Die Hamas teilte dagegen mit, die Entscheidung sei ein „wichtiger historischer Präzedenzfall und eine Korrektur eines langen Wegs historischer Ungerechtigkeit gegen unser Volk“. Das Urteil werde aber „bescheiden und symbolisch“ bleiben, wenn sie nicht „von allen Ländern der Welt voll unterstützt“ werde, erklärte Bassem Naim, Mitglied des Hamas-Politbüros. Die USA hätten laut Hamas monatelang versucht, den Schritt gegen die beiden „Terroristen“ Netanjahu und Galant zu verhindern und das Gericht und dessen Richter „terrorisiert“. Zum ebenfalls erlassenen Haftbefehl gegen den militärischen Anführer der Terrororganisation Hamas, Mohammad Diab Ibrahim Al-Masri, auch bekannt als Mohammed Deif, äußerte sich die Hamas nicht.