Sterbehilfe

Gesetzentwürfe zu Neuregelung der Sterbehilfe scheitern im Bundestag

Es ist eine schwierige ethische Frage: Sollen Gesetzesregeln für „selbstbestimmtes Sterben“ mit Vorgaben für suizidwillige Menschen und deren Ärzte kommen? Im Parlament fielen zwei gegensätzliche Wege durch.

Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland noch immer strafbar (Symbolbild).
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland noch immer strafbar (Symbolbild).epd/Werner Krueper

Eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe in Deutschland ist vorerst im Bundestag gescheitert. Zwei dafür vorgelegte Entwürfe mit Bedingungen und Voraussetzungen verfehlten am Donnerstag jeweils eine Mehrheit. In den Vorschlägen ging es darum, Sterbehilfe rechtssicher zu ermöglichen, gleichzeitig aber unterschiedlich strenge Bedingungen und Verfahren für die Abgabe tödlich wirkender Mittel festzuschreiben.

Mit der Entscheidung des Bundestags bleibt es dabei, dass die Hilfe bei einem Suizid in Deutschland grundsätzlich erlaubt ist, teilweise aber rechtliche Unsicherheiten birgt. Beide Gruppen wollten beispielsweise im Betäubungsmittelgesetz ausdrücklich festschreiben, dass die Abgabe todbringender Medikamente auch zum Zweck der Selbsttötung zulässig ist. Die Hürden für die Verschreibung der Mittel legten sie aber unterschiedlich hoch an.

Hintergrund für die Initiativen war ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020, das ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe im Strafgesetzbuch gekippt hatte – weil es das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben verletzte. „Geschäftsmäßig“ hat dabei nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet „auf Wiederholung angelegt“. Das Urteil stieß eine Tür für organisierte Angebote auf – aber ausdrücklich mit der Möglichkeit zur Regulierung. Diese Möglichkeit nutzte der Bundestag nun nicht.

Sterbehilfe-Neuregelung: Das steht in den Vorschlägen

Beide Vorstöße sollten Bedingungen und Voraussetzungen zu Fristen und Beratungspflichten festlegen, um eine Suizidhilfe für Volljährige zu regeln. Der Vorschlag der Gruppe Castellucci/Heveling sah dazu eine Neuregelung im Strafgesetzbuch vor. Dort soll es heißen: „Wer in der Absicht, die Selbsttötung einer anderen Person zu fördern, dieser hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Geregelt werden sollten aber auch Ausnahmen. 304 Abgeordnete stimmten für den Entwurf, 363 dagegen.

Der Vorschlag der Gruppe Künast/Helling-Plahr sah eine Regelung ausdrücklich außerhalb des Strafgesetzbuches vor. Kommen sollte ein „Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung“. Für den Vorstoß hatten sich zwei Gruppen zusammengetan. Im Entwurf heißt es: „Jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben eigenhändig beenden möchte, hat das Recht, hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen.“ Ärzte dürften Volljährigen dann Arzneimittel dafür verschreiben. Der Vorschlag der Gruppe um Katrin Helling-Plahr erhielt 287 Ja-Stimmen. 375 Abgeordnete stimmten mit Nein.

Kirchen sehen weiter Handlungsbedarf

Die Kirchen fordern nun, dass der Bundestag einen neuen Anlauf für die Regelung der Sterbehilfe nimmt. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, befürchtet eine gesetzliche Leerstelle und forderte eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung. Dabei seien auch die Religionsgemeinschaften in der Pflicht. Auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sieht trotz der gescheiterten Gesetzesentwürfe Handlungsbedarf: „Einer gesetzlichen Regelung der Suizidassistenz bedarf es weiterhin“, sagte sie.