Recht

Gericht: Medien dürfen halt­lose Ver­däch­ti­gungen von Poli­ti­kern wie­der­geben

Haltlose Politikerschelte ist nicht unüblich. Medien dürfen solche Vorwürfe ohne Prüfung verbreiten – das hat das Landgericht Berlin jetzt entschieden.

Die AfD hat sich mit dem Handelsblatt vor dem Landgericht Berlin II um Äußerungen in einem Artikel gestritten.
Die AfD hat sich mit dem Handelsblatt vor dem Landgericht Berlin II um Äußerungen in einem Artikel gestritten.Christoph Reichwein

Das Landgericht Berlin II hat entschieden, dass für Medien unter bestimmten Umständen die Anforderungen an die Verdachtsberichterstattung nicht gelten. Das gilt insbesondere dann, wenn Medien nicht selbst jemanden verdächtigen, sondern lediglich den Verdacht eines Politikers zitieren, wie LTO berichtet.

Im konkreten Fall stritten sich die AfD und das Handelsblatt um Äußerungen in einem Artikel der Zeitung. Der Autor lässt vor allem Thüringens Innenminister Georg Maier zu Wort kommen, dem er zuvor eine Presseanfrage mit der Bitte um Zitate in Bezug auf eine umstrittene geplante Russlandreise des AfD-Politikers Frohnmaier geschickt hatte.

So ist im Handelsblatt veröffentlicht: „Der Innenminister von Thüringen, Georg Maier (SPD), sieht Anhaltspunkte dafür, dass die AfD für Russland spionieren könnte. ‚Schon seit geraumer Zeit beobachten wir mit zunehmender Sorge, dass die AfD das parlamentarische Fragerecht dazu missbraucht, gezielt unsere kritische Infrastruktur auszuforschen‘, sagte Maier dem Handelsblatt.“ Weiterhin wird Maier mit den Worten zitiert, dass sich geradezu der Eindruck aufdränge, dass die AfD mit ihren Anfragen eine Auftragsliste des Kremls abarbeite.

Gericht sieht Vorwurf nicht bestätigt

Die AfD-Fraktion im Landtag, der Landesverband und zwei einzelne Abgeordnete, kritisierten, dass eigene Aussagen des Handelsblatts unwahre Tatsachenbehauptungen und „aus der Luft gegriffene“ Meinungsäußerungen darstellten.

Das Gericht sah den Vorwurf nicht bestätigt. Demnach habe das Handelsblatt nicht die presserechtlichen Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verletzt. Die Besonderheit in dem Fall ist, dass das Handelsblatt nicht direkt selbst verdächtigt, sondern Verdachtsäußerungen des Thüringer Innenministers und anderer Politiker wiedergibt, so die Begründung des Gerichts.

Die streitgegenständlichen Äußerungen im Handelsblatt-Artikel sind hinzunehmen. Der Artikel berichte im Kern über einen von dem Inhaber eines politischen Amtes gegenüber seiner politischen Konkurrenz geäußerten Verdacht strafbaren oder jedenfalls ehrabträglichen Verhaltens. Der Presse bei derartigen Politikeräußerungen Prüfpflichten aufzubürden, wäre schon aus Gründen der Aktualität und in Anbetracht des Zeitaufwands unverhältnismäßig, argumentiert weiter das Landgericht Berlin.

Es weist ausdrücklich darauf hin, dass hier die AfD nicht schutzlos stehe, sondern statt des Handelsblattes direkt den Innenminister Georg Maier in Anspruch nehmen könne.