Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

„Selbstradikalisiert“ – Jan Böhmermann nimmt bekannten Polizisten ins Visier

Das Bundesaufnahmeprogramm holt Menschen aus Afghanistan nach Deutschland. Daran hat ZDF-Moderator Böhmermann wenig auszusetzen – an der Bundespolizei dagegen schon. Was sagt Manuel Ostermann dazu?

Der Moderator Jan Böhmermann
Der Moderator Jan BöhmermannRolf Vennenbernd/dpa

Moderator Jan Böhmermann hat in der aktuellen Ausgabe „ZDF Magazin Royale“ mit der Rolle der Bundespolizei in der deutschen Sicherheitspolitik abgerechnet – und sich mit einem Polizisten persönlich angelegt. Den Fokus legte Böhmermann dabei auf das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan (BAP), das besonders gefährdete Personen und ihre Angehörige nach Deutschland ausfliegt.

Böhmermann bemängelt dabei unter anderem, dass das Programm nur schleppend anlief und trotz Versprechen an die Betroffenen bislang nur ein Bruchteil der vorgesehenen Menschen aufgenommen wurde. Als Grund dafür nannte Böhmermann unter anderem die Beteiligung zahlreicher deutscher Behörden und die Sicherheitsprüfung. In der Sendung stellte er fest, dass die tatsächlichen Sicherheitsrisiken – gemessen an den Vorfällen – eher in den Behörden, etwa der Bundespolizei, liegen könnten. Zudem erhob er schwere Vorwürfe gegen die Beamten.

Demnach sei von den 1437 Menschen, die bisher über das Programm gekommen sind, nur eine Person straffällig geworden. „Nur mal zum Vergleich: von den 733 Abgeordneten des letzten deutschen Bundestages gab es Ermittlungen gegen mindestens zwölf“, so Böhmermann. Weiter zeigte er ein Video des stellvertretenden Vorsitzenden der Bundespolizeigewerkschaft, Manuel Ostermann, der die Flüge aus Afghanistan als Sicherheitsrisiko sieht. Sie würden „dem islamistischen Terror Tür und Tor öffnen“. Menschen mit verfälschten Dokumenten würden nach Deutschland kommen. Eine zielführende Sicherheitsüberprüfung würde nicht stattfinden.

In der Sendung witzelte Böhmermann dann über das Aussehen von Ostermann, den er zudem als „Herrenmenschen im Skoda“ bezeichnete.

Laut den Recherchen seiner Redaktion stuft Böhmermann die Bundespolizei als größeres Sicherheitsrisiko als die Afghanen ein. Begründet wird dies unter anderem mit zwei Fällen, in denen fehlerhafte Dokumente von Afghanen erst in Deutschland auffielen. Im ersten Fall hätte es bereits in Pakistan erkannt werden müssen, im Anderen wäre dies sogar geschehen, allerdings hätte die Bundespolizei dies nicht gemeldet. In beiden Fällen habe es Anzeigen gegeben – sowohl gegen einen Afghanen als auch gegen einen Botschaftsmitarbeiter. Nach diesen Vorfällen wurde die Sicherheitsüberprüfung der Afghanen in Medien, Bevölkerung und Politik vielfach als unsicher eingestuft.

Polizist Ostermann über Böhmermann: „Wirklich herrlich demaskierend“

Dann präsentiert Böhmermann zwei mögliche Erklärungen für diese Fauxpas. Zum einen könnte die Bundespolizei inkompetent sein. Oder: „Teile meiner Bundespolizei missbrauchen die Bundespolizei, um Politik zu machen, gemeinsam mit interessierten Medien und Politikern. Weil sie das BAP aus irgendwelchen Gründen scheiße finden, machen sie absichtlich Fehler, um das eigentlich sichere Bundesaufnahmeprogramm zu sabotieren. Das wär ganz schön krass, oder?“

Auf Anfrage erklärte Manuel Ostermann gegenüber der Berliner Zeitung, dass ihm zwei Punkte der Sendung besonders übel aufgestoßen sind. „Menschen, die nicht seiner Meinung sind, öffentlich reduzieren, diskreditieren und diffamieren aufgrund des optischen Erscheinungsbildes oder eben der freien Meinungsäußerung, das fing schon wirklich herrlich demaskierend.“ Zum Anderen erklärt Ostermann: „Die Verantwortlichkeit auf eine wirklich, wirklich hochprofessionelle Bundespolizei zu schieben, die unerlässlich ist für unsere Sicherheitsarchitektur, das ist verantwortungslos und pietätlos. Verantwortlich ist hier das Außenministerium, allen voran die aktuelle Bundesaußenministerin.“ Es brauche einen Untersuchungsausschuss.

Eine lückenhafte Überprüfung der Geflüchteten erkannte Böhmermann in der Sendung dagegen nicht. Vielmehr würden heutzutage „rechte Hetzportale“ Menschen aus dem Bundesaufnahmeprogramm zu Tätern machen.

Dazu erklärte Ostermann, dass er die konsequente Meinung vertrete, Menschen, die Deutschland im Kampf gegen den Terror unterstützt haben, volle Solidarität zukommen zu lassen. Allerdings würde nur ein kleiner Teil oder gar keiner von ihnen in dem Flieger sitzen. „Da muss man sich auch überlegen, ob man Menschen, deren Identität nicht zweifelhaft aufzuklären ist, einfach so in dieses Land holt.“

Bundesaufnahmeprogramm: Flieger aus Afghanistan landen in Ostdeutschland

Das Bundesaufnahmeprogramm hatte die Bundesregierung nach der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 aufgelegt, um Menschen in Sicherheit zu bringen, die wegen ihrer Tätigkeit für die deutschen Streitkräfte oder ihres Einsatzes für Menschenrechte und Demokratie unter dem radikal-islamischen Regime bedroht sind.

Anfang März hatte das Auswärtige Amt mitgeteilt, dass im Rahmen des deutschen Aufnahmeprogramms für gefährdete Afghaninnen und Afghanen noch rund 2800 Menschen mit einer Aufnahmezusage auf eine Ausreise warten. Insgesamt sind laut dem Bundesinnenministerium seit Mai 2021 im Rahmen aller laufenden Aufnahmeverfahren aus Afghanistan rund 36.400 Personen nach Deutschland gekommen, die meisten von ihnen jedoch in den Wochen nach dem Machtwechsel in Afghanistan. Über das im Oktober 2022 gestartete Bundesaufnahmeprogramm sind bisher 1437 Personen nach Deutschland eingereist, wie ein Sprecher des Ministeriums dem Evangelischen Pressedienst mitteilte. Vorgesehen waren eigentlich 1000 monatliche Einreisen. Zuletzt landete am Donnerstag ein Charterflugzeug aus Islamabad mit 174 gefährdeten Personen an Bord in Hannover, mehrere zuvor auch in Berlin(mit epd.)