Während eines Telefonats mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Freitag hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor einer verstärkten Flüchtlingsbewegung nach Europa gewarnt. Nach Angaben seines Büros auf der Plattform X sagte Erdogan, dass die „von Israels Angriffen ausgelöste Gewaltspirale der Region und Europa schaden könnte – sowohl im Hinblick auf Migration als auch aufgrund der Gefahr eines nuklearen Lecks“. Erdogan drängte zudem auf eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Er sei sich mit Merz einig gewesen, dass der Iran nicht über Atomwaffen verfügen dürfe, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Stefan Kornelius, in Berlin mit. Eine Ausweitung des Konfliktes müsse vermieden werden. Deutschland und die Türkei würden sich zudem bei ihren diplomatischen Anstrengungen eng abstimmen. Außerdem seien sich die Gesprächspartner einig gewesen, dass ein baldiger Waffenstillstand im Gazastreifen nötig sei.
Migration als Risiko und politisches Druckmittel
Die Türkei, die eine 500 Kilometer lange Grenze mit dem Iran teilt, verzeichnet eigenen Angaben zufolge seit Beginn des Krieges mit Israel vor rund einer Woche keinen Anstieg bei den Ankünften aus dem Iran. Erdogan warnte nach Angaben seines Büros dennoch, dass der „durch die israelischen Angriffe gegen den Iran begonnene Konflikt eine maximale Bedrohung für die regionale Sicherheit“ sei.
Das Thema Migration ist seit Jahren ein Streitpunkt zwischen der EU und der Türkei. Brüssel und Ankara schlossen im Jahr 2016 ein Abkommen, um Millionen von syrischen Flüchtlingen in der Türkei von einer Weiterreise in die EU abzuhalten.
UN warnt vor neuer Fluchtwelle – Verlassen Iraner wirklich das Land?
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereitet sich auf größere Flüchtlingsgruppen aus dem Iran vor. „Wir erstellen Krisenpläne“, sagte UNHCR-Chef Filippo Grandi laut der dpa. „Wir haben sie noch nicht veröffentlicht, weil wir nicht genügend Informationen haben und weil wir die Entwicklung abwarten. Aber wir planen auf jeden Fall.“
Es gibt unbestätigte Berichte über iranische Ankömmlinge an den Grenzen zu Armenien, Aserbaidschan und Turkmenistan, sagte Grandi. „Ich vermute, dass es sich um Menschen aus den Städten handelt, die schnell fliehen können. Sie verfügen über einige Mittel und können der Bedrohung durch Bomben schnell entkommen.“ Bislang habe noch kein Land das UNHCR um Hilfe gebeten.
Zudem beherberge der Iran selbst mehr Flüchtlinge als jedes andere Land, sagte Grandi. Dort lebten 3,5 Millionen Menschen aus Afghanistan. Deshalb habe das UNHCR auch ein großes Büro im Iran. Es sei aber schwierig, sich einen Überblick über die Lage der Flüchtlinge oder intern Vertriebenen zu verschaffen, weil die Kollegen die meiste Zeit vor israelischen Angriffen Zuflucht im Bunker suchen müssten.
Israel hatte vor einer Woche einen Großangriff auf den Iran gestartet und bombardiert seitdem insbesondere Atomanlagen und militärische Einrichtungen in dem Land. Erklärtes Ziel Israels ist die Zerstörung des iranischen Atomprogramms. Der Iran attackiert Israel seitdem mit Raketen und Drohnen.


