Nach dem Eklat bei einem Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus haben sich Politiker, Journalisten und Prominente teilweise bestürzt gezeigt und der Ukraine ihre Solidarität versichert. Doch es gibt auch differenzierte Einordnungen am Morgen nach dem Eklat.
„Es ist beschämend, wie Donald Trump seinen Amtskollegen Selenskyj vor laufender Kamera vorführt und bewusst den Angegriffenen mit dem Aggressor vertauscht“, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag.
Trump und sein Vizepräsident JD Vance „folgen einer imperialistischen Logik, die keine Augenhöhe unter Partnern kennt“. Die Ukraine könne sich darauf verlassen, „dass wir zusammen mit unseren europäischen Verbündeten an ihrer Seite stehen“, betonte Banaszak.
Jenseits der berechtigten Empörung über die Art und Weise der Demütigung des ukrainischen Präsidenten bleibt die Frage, seit wann eigentlich im Oval Office vor laufenden Kameras kontrovers zwischen Gast und Gastgeber diskutiert wird. Im Weiẞen Haus fand stets der Fototermin vor… pic.twitter.com/eja1bfbdey
— Armin Laschet (@ArminLaschet) February 28, 2025
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zeigte sich ebenfalls schockiert von dem Vorfall im Weißen Haus. „Das ist ein weiteres trauriges Kapitel und zeigt natürlich, dass Selenskyj unter Druck gesetzt wird“, sagte die Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses dem Sender Welt TV. „Das ist schon bizarr und eigentlich auch unvorstellbar, was da passiert ist.“
Trump und Selenskyj waren am Freitag bei einem Treffen im Weißen Haus mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor laufenden Kameras heftig aneinandergeraten. Trump warf Selenskyj unter anderem mangelnde Dankbarkeit für die US-Militärhilfe angesichts des russischen Angriffskrieges sowie Respektlosigkeit vor. Anschließend schrieb der US-Präsident in seinem Onlinedienst Truth Social, Selenskyj sei „nicht zu einem Frieden bereit“, er könne „zurückkommen, wenn er bereit für den Frieden ist“.
Kai Diekmann: Das Schlimmste, was ich als Journalist gesehen haben
Strack-Zimmermann sagte dazu, Selenskyj sei „der Präsident des Landes, was zum zweiten Mal von Russland angegriffen worden ist“. Sie führte aus: „Die Ukrainer sterben dort, leiden, haben wirklich harte Jahre hinter sich. Es fasst ihn an, dass der amerikanische Präsident Putin zum Opfer stilisiert.“ Europa müsse nun Ruhe bewahren und seiner Rolle gerecht werden. Die Ukraine müsse zudem weiterhin unterstützt werden, „finanziell, humanitär und mit Waffen“, sagte sie Welt TV.
Banaszak ergänzte in den Funke-Medien ebenfalls, es komme nun „umso mehr auf ein starkes und geeintes Europa an“. Es sei nun eine „vordringliche Aufgabe für Deutschland und Europa, für die eigene Sicherheit zu sorgen“. Das gehe aber nur mit Investitionen in die innere und äußere Sicherheit. „Eine umfassende Reform der Schuldenbremse ist deshalb unumgänglich.“
Journalisten wie der ehemalige Bild-Chef Kai Diekmann fürchten die Eskalation„Das ist so ziemlich das schlimmste, was ich je als politischer Journalist gesehen habe! Wie wollen wir uns davon erholen - als Westen, als Europa, als Wertegemeinschaft?“, schrieb Diekmann auf X.
ARD-Korrespondent Vassili Golod bringt seine Angst zum Ausdruck: „Ich habe noch nie einen US-Präsidenten gesehen, der den Staatspräsidenten eines anderen Landes so respektlos behandelt. Donald Trump ist seines Amtes unwürdig – und unsere Welt in großer Gefahr. Wir erleben eine Zeitenwende in dunkle Zeiten.“
Armin Laschet: Oval Office muss Ort der Diskussionen sein
Armin Laschet nimmt eine differenziertere Einschätzung vor: „Jenseits der berechtigten Empörung über die Art und Weise der Demütigung des ukrainischen Präsidenten bleibt die Frage, seit wann eigentlich im Oval Office vor laufenden Kameras kontrovers zwischen Gast und Gastgeber diskutiert wird. Im Weißen Haus fand stets der Fototermin vor dem Kamin statt, hinter verschlossenen Türen wurde sicher auch schon früher gestritten.“ Nichtsdestotrotz sei das Vorgehen von Trump und Vance als Unsitte.
Volker Beck: Die USA sind jetzt wie Russland
Der frühere Minister Peter Altmaier schreibt auf X: „Das Fertigmachen Zelensky’s vor laufender Kamera war vorbereitet & abgekartet - wie aus „The Apprentice“. Die Besuche von Macron & Starmer haben leider NICHTS bei Trump bewirkt. Weil Europa nicht vorbereitet, nicht einig & nicht handlungsfähig ist. Eine Tragödie.“
Grünen-Politiker Volker Beck ist der Meinung, dass die USA jetzt auf demselben Niveau wie Russland seien. Beck schrieb auf X: „Kein Land oder Regierungschef der Welt wird den USA noch vertrauen. Die USA sind in ihrem Einfluss auf das Niveau einer Mittelmacht geschrumpft, denn Vertrauen ist das Leverage militärischer & wirtschaftlicher Stärke“
Kein Land oder Regierungschef der Welt wird den USA noch vertrauen.
— Volker Beck 🐋 🇺🇦🇮🇱🎗️ (@Volker_Beck) March 1, 2025
Die USA sind in ihrem Einfluss auf das Niveau einer Mittelmacht geschrumpft, denn Vertrauen ist das Leverage militärischer & wirtschaftlicher Stärke.
Sie befinden sich nun auf demselben Niveau wie Russland.
Der bekannte Kolumnist Jan Fleischhauer bezeichnete den US-Präsidenten als Schläger: „Es heißt, Trump agiere wie ein Mafiaboss. Das ist Unsinn. Ein Mafiaboss bewegt sich in einem festen System von Regeln und Zusagen. Trump benimmt sich wie ein Strassenschläger, der nur den momentanen Vorteil sieht.“
Es heißt, Trump agiere wie ein Mafiaboss. Das ist Unsinn. Ein Mafiaboss bewegt sich in einem festen System von Regeln und Zusagen. Trump benimmt sich wie ein Strassenschläger, der nur den momentanen Vorteil sieht. https://t.co/9ZoMDMiT16
— Jan Fleischhauer (@janfleischhauer) March 1, 2025

