Wirtschaft

DIHK-Chef: Deutsche Unternehmer verlieren das Vertrauen in die Regierung

DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben greift die Ampel-Koalition wegen ihrer Wirtschaftspolitik an. Er kritisiert vor allem, dass es zu viele Regulierungen gebe. 

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), spricht bei einer Konferenz der Auslandshandelskammer.
Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), spricht bei einer Konferenz der Auslandshandelskammer.Ulf Mauder/dpa

Deutsche Wirtschaftsverbände gehen auf Konfrontationskurs zur Ampel-Koalition. Nach BDI-Präsident Siegfried Russwurm hat auch DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung heftig kritisiert. „Im Vergleich von vor zwei Jahren hat Deutschland unter dem Strich verloren, in der Tat“, sagte Wansleben den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Samstag. Verantwortlich dafür seien nicht allein die externen Einflüsse, das habe auch mit der Politik der Bundesregierung zu tun. Wansleben kritisierte vor allem „Regulierung, Regulierung, Regulierung“.

„Wir erleben in den Reihen unserer Mitgliedsunternehmen viel Frust“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) der Mediengruppe Bayern. „So was wie einen Vertrauensverlust in die Regierung. Man hat in den Betrieben das Gefühl, mit seinen Sorgen und Nöten von der Politik nicht wahrgenommen zu werden.“ Es gebe eine Empfindungs- und Kommunikationslücke.

Kaufleute jammern: Olaf Scholz kanzelt Unternehmer ab

Wie der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) beklagte auch Wansleben, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Kritik abwehre, indem er auf das sprichwörtliche ständige Jammern von Kaufleuten verweise. „Das habe ich vom Bundeskanzler auch schon mehrfach gehört“, sagte Wansleben. „Da prallen zwei Welten aufeinander. Man glaubt in der Politik, wenn Gesetze auf den Weg gebracht sind, dann blühen die Wiesen.“ In der Realität klappten die Dinge längst nicht so, wie sie klappen müssten.

Industriepräsident Russwurm warf Scholz mit Blick auf die Konjunkturflaute vor, den Ernst der Lage offenbar zu unterschätzen. Vor dem letzten Treffen in München Anfang März hätten die vier Spitzenverbände der Wirtschaft Scholz ein Papier mit zehn konkreten Reformideen zugesandt, so Russwurm. „Antwort aus dem Kanzleramt: bisher Fehlanzeige. Oder nehmen Sie das Bürokratie-Entlastungsgesetz: Es wurden dafür 442 konkrete Vorschläge unterbreitet. Aufgenommen hat die Regierung elf.“

Deutsche Wirtschaft fordert konkurrenzfähige Strompreise

Die Verbände fordern etwa international konkurrenzfähige Strompreise, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, Entbürokratisierung und eine Steuerreform. Scholz machte in München deutlich, er sehe keinen finanziellen Spielraum für umfassende Steuersenkungen. Er warnte davor, den Standort Deutschland schlechtzureden. „Natürlich hilft es nicht, wenn ganz viele Lobbyisten und Politikunternehmer die Stimmung im Land verschlechtern, weil dann behalten die Leute ihr Geld auf dem Sparbuch und investieren nicht“, sagte er.

Seit 2020, seit Corona, hätten die Staaten weltweit stärker auf eine binnenorientierte Politik gesetzt, erläuterte Wansleben. Diese Entwicklung habe im internationalen Maßstab eine enorme Hebelwirkung zu Lasten der exportorientierten deutschen Wirtschaft entfaltet. Hinzu kämen die hohen Energiepreise in Deutschland, der drastische Zinsanstieg in der Eurozone und der Arbeitskräftemangel.

Wansleben kritisierte, die Politik in Deutschland und die europäische Politik hätten „den Fehler gemacht, die politischen Ziele der Klimapolitik eins zu eins in Gesetze zu gießen“. Dies habe zu einer „massiven Überregulierung“ geführt. In Deutschland sei ein Beispiel das Heizungsgesetz.

In der Eurozone gebe es „viel Unverständnis darüber, was in Deutschland passiert, das schädigt die Marke“, sagte Wansleben den Zeitungen der Mediengruppe Bayern weiter. Dieses sinkende Vertrauen in die Politik schmälere auch das Interesse an deutschen Produkten - „selbst bei unseren nächsten Nachbarn“.

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