Kriminalität

Berliner Charité-Arzt soll Patienten totgespritzt haben

Ein Herzspezialist der Berliner Charité soll Patienten derart hohe Dosen eines Sedierungsmittels verabreicht haben, dass diese starben.

Das Virchow Klinikum in Berlin
Das Virchow Klinikum in BerlinJürgen Ritter/imago

Nach dem Tod von zwei schwer kranken Patienten ist ein Kardiologe der Berliner Charité wegen Mordverdachts festgenommen worden. Dem 55-Jährigen wird zweifacher Mord vorgeworfen.

Der Arzt soll in den Jahren 2021 und 2022 je einem Patienten auf der Intensivstation absichtlich so hohe Dosen eines Sedierungsmittels verabreicht haben, dass diese starben. Die Fälle ereigneten sich in der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin auf dem Campus Virchow. Das Sedierungsmittel, das der Arzt verwendete, wird nach Angaben von Ermittlern auch auf Rettungswagen der Berliner Feuerwehr mitgeführt.

Der Beschuldigte soll noch am Montag einer Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Tiergarten zur Verkündung des Haftbefehls vorgeführt werden. Die 3. Mordkommission des Landeskriminalamtes prüft, ob der Tatverdächtige noch für weitere Morde verantwortlich ist. Sein Motiv für die Taten ist bislang unklar.

Am 19. August des vergangenen Jahres hatte die Charité-Universitätsmedizin über ihren Vertrauensanwalt einen entsprechenden anonymen Hinweis erhalten. An den externen Anwalt können sich Mitarbeiter wenden, wenn sie zum Beispiel Fälle von sexueller Belästigung oder andere Straftaten melden wollen. In diesem Fall wurde ihm ein nicht rechtmäßiges medizinisches Vorgehen mit Todesfolge auf dem Campus Virchow-Klinikum gemeldet. Die Charité stellte den Arzt, der schon seit mehreren Jahren an der Klinik gearbeitet haben soll, umgehend frei und informierte die Staatsanwaltschaft und die Senatsgesundheitsverwaltung.

Toxikologische Untersuchungen und Patientenakten ausgewertet

Von da an ließen beide Seiten nichts über diesen Vorgang verlauten. Der dringende Tatverdacht, der Voraussetzung für den Erlass des Haftbefehls ist, habe aber erst jetzt nach einem medizinischen Gutachten angenommen werden können, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Zuvor sei nicht auszuschließen gewesen, dass die hohe Dosierung des Sedierungsmittels noch medizinisch vertretbar gewesen wäre. Zumindest bei zwei von vier untersuchten Todesfällen sei dies aber nach Einschätzung eines Sachverständigen nicht der Fall – was für den Beschuldigten auch erkennbar gewesen sein soll.

Für die Gutachten, die jetzt zu dem Haftbefehl führten, wurden überwiegend toxikologische Untersuchungen herangezogen. Ärzte und Ermittler werteten auch die Patientenunterlagen aus, um einzuschätzen, wie krank die Opfer waren. Die zwei Mordfälle, die die Staatsanwaltschaft jetzt glaubt, dem Arzt nachweisen zu können, betreffen betagte Patienten. „Allerdings ist es nicht so, dass sie ohnehin gestorben wären“, sagte ein Ermittler der Berliner Zeitung. „Das ist offenbar erst durch die Gabe des Medikaments erfolgt.“

Der Fall erinnert an eine Krankenschwester aus dem Jahr 2006

„Die Charité kooperiert von Beginn an mit der Staatsanwaltschaft vollumfänglich zur Aufklärung des Sachverhaltes“, sagte Kliniksprecher Markus Heggen. Weitere Informationen zu dem Beschuldigten wollte er nicht geben.

Einen vergleichbaren Fall gab es schon einmal im Jahr 2006 auf der Intensivstation der Kardiologie. Damals hatte eine Krankenschwester vier Patienten getötet, indem sie ihnen jeweils eine Überdosis eines blutdrucksenkenden Medikamentes injizierte. Die getöteten Patienten litten an Herzmuskelschwäche und hatten noch wenige Wochen zu leben. Sie waren nicht ansprechbar. Als Motiv für ihre Taten gab die Krankenschwester Mitleid an. Sie wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.