Gesellschaft

Berlins Kultursenator Chialo: Kein rechtlicher Hebel gegen Rammstein-Konzerte

Im Vorfeld eines Rammstein-Konzerts am Samstag ist eine Demo in Berlin geplant. Kultursenator Chialo versteht den Protest, betont aber, man habe keine rechtliche Handhabe gegen die Auftritte.

Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU)
Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU)Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat angesichts von Protesten gegen die drei anstehenden Rammstein-Konzerte in Berlin erneut betont, dass es keine Möglichkeit gebe, sie zu verbieten. „Die Forderung ist emotional verständlich, rechtlich gibt es keinen Hebel“, sagte Chialo. Rammstein spielen im Rahmen ihrer Europa-Tour am Samstag, Sonntag und Dienstag (15./16./18. Juli) im Olympiastadion. Zwei von drei Konzerten sind mit mehr als 60.000 Tickets ausverkauft.

Gegen das Konzert an diesem Samstag ist eine Demonstration angemeldet. Die Demo startet um 14.30 Uhr am Theodor-Heuss-Platz und zieht dann vor das Olympiastadion. Einlass fürs Konzert ist um 16 Uhr, die Band tritt um 20.30 Uhr auf. Ebenfalls um 16 Uhr soll die Demo mit Musik vor dem Olympiastadion ankommen. 

Mehrere Frauen hatten - teilweise anonym - Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann erhoben. Sie schilderten Situationen, die sie als beängstigend empfunden haben, wie sie sagten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollten. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.

Lindemann weist die Vorwürfe gegen sich zurück. Seine Interessen lässt er mittlerweile anwaltlich vertreten. „In den sozialen Netzwerken, insbesondere auf Instagram, Twitter und bei YouTube, wurden von diversen Frauen schwerwiegende Vorwürfe zulasten unseres Mandanten erhoben“, hatte es in einer Mitteilung geheißen. „So wurde wiederholt behauptet, Frauen seien bei Konzerten von Rammstein mithilfe von K.-o.-Tropfen beziehungsweise Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr.“

Rammstein: Ermittlungsverfahren gegen Lindemann läuft

Nach Berichten über die Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft Berlin ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann eingeleitet. Erhält die Staatsanwaltschaft Kenntnis vom Verdacht einer Straftat, muss sie ermitteln. Medienberichte können dafür der Auslöser sein. Bis zum Abschluss der Ermittlungen gilt die Unschuldsvermutung.

Der bekennende Rammstein-Fan Chialo meidet nun die Berliner Konzerte. Zur Begründung verweist er auf jüngste Etatverhandlungen. „Dies hat Kraft und vor allem Zeit gekostet, manch Wichtiges ist dabei viel zu kurz gekommen“, sagte Chialo der dpa. „Das Wochenende gehört daher der Familie.“

Berliner Grüne fordern mehr Prävention bei Großveranstaltungen

Bereits zuvor hatte Chialo der dpa gesagt: „Ich stehe immer auf der Seite der Opfer, ganz klar, und nehme die Vorwürfe dieser Frauen sehr ernst.“ Auf der anderen Seite gelte die Unschuldsvermutung. „Ich habe das Gefühl, dass gerade die Geschwindigkeit der Ereignisse alles zu einer besonderen Herausforderung macht.“ Chialo warnte auch vor übereilten Forderungen. „Ich bin sehr vorsichtig, aus diesem Spin immer gleich Handlungsanleitungen abzuleiten.“

Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus wollen vom Parlament konkrete Maßnahmen für mehr Schutz vor sexistischer und sexualisierter Gewalt auch bei Großveranstaltungen. Parlamentsvize Bahar Haghanipour sieht strukturellen Machtmissbrauch auch in der Veranstaltungsbranche: „Das Recht auf ein gewaltfreies Leben ist auch eine Frage der inneren Sicherheit. Die Politik steht in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen und für Veranstaltungen Sicherheitskonzepte mit Awareness-Strukturen verpflichtend zu machen“, sagte sie der dpa.